Jürgen Kienzle, Nürtingen. Zum Artikel „CSU-Politiker will Wahlpflicht einführen“ vom 7. April. Dem Rechtsexperten der CSU, Stephan Mayer, scheint angesichts sinkender Wählerzahlen die Bodenhaftung verloren gegangen zu sein. Mit der Einführung einer Wahlpflicht der Wahlmüdigkeit zu begegnen, um den Bürger an der „Demokratie teilnehmen zu lassen“, ist abstrus. Hier sollen die Symptome, aber nicht die Ursachen bekämpft werden.
Dass dem Bürger die Demokratie allmählich abhanden kommt, ist sicherlich im Prinzip nicht falsch. Das Gefühl, durch die Wählerstimme kaum etwas bewirken zu können, wird angesichts des grassierenden Lobbyismus und der Nebentätigkeiten vieler Angeordneter allzu verständlich. Dass Abgeordnete gemäß Artikel 38 Grundgesetz nur ihrem Gewissen verpflichtet und nicht an Aufträge und Weisungen gebunden sind, verliert dramatisch an Glaubhaftigkeit.
Die abgegebene Zweitstimme tut dazu noch ein Übriges. Schließlich werden Listenplätze durch die Parteiführung vergeben. Wie sagt der Volksmund: „Wes Brot ich ess’, des Lied ich sing’“. Verstärkt wird dieser Effekt durch ein Quasi-Berufspolitikertum, das sich durch die Nichtbegrenzung der Amtszeiten herausgebildet hat.
Ich schlage Herrn Mayer vor, sich zur Stärkung der Teilnahme des Bürgers an der Demokratie parteiübergreifend für folgende Punkte einzusetzen: vollständige Abschaffung von Nebentätigkeiten während der Amtszeit und eine entsprechend ausreichende Vergütung der Abgeordneten; Begrenzung der Amtszeiten auf zwei Wahlperioden (siehe USA und Russland!); Eindämmung der Lobbyarbeit sowie die Direktwahl der Abgeordneten ohne zusätzliche Zweitstimme. Herr Mayer wäre sicherlich von der eklatanten Zunahme der Wählerzahlen und einer neuen Lebendigkeit der Demokratie überrascht.
Leserbriefe | 13.12.2025 - 05:00
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Leserbriefe | 11.12.2025 - 05:00
Den Staat neu aufstellen
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