Dorothea Röcker, Nürtingen. Zum Artikel „Mehr Grün und weniger Parkplätze“ vom 5. Mai.
Die Argumentation von CDU-Stadtrat Kunzmann ist für alle Betroffenen ein Schlag ins Gesicht. Herr Kunzmann will mehr Parkplätze in der östlichen Kirchstraße. Dass er als ehemaliger Demografiebeauftragter in der Gemeinderatssitzung vorträgt, dass er sich über die Regeln für die Benutzung von Behindertenparkplätzen informiert habe, spricht schon Bände. Dass er die strengen Kriterien für die Ausstellung von Behindertenparkausweisen zu einem Argument für mehr „normale“ Parkplätze verbiegt, ist bei dem eigentlichen Problem in der östlichen Kirchstraße für Betroffene nicht nachvollziehbar.
Herr Kunzmann weiß, dass die zu frühe Festlegung auf Parkplätze einem barrierefreien Zugang in die Innenstadt im Wege steht. Dieser hätte einen ganz anderen Planungsansatz erfordert, den sich Planungsprofis durchaus vorstellen können. Um den Anstieg in die Innenstadt bewältigen zu können, brauchen Menschen mit entsprechenden Beeinträchtigungen mögliche Wege mit begrenzten Steigungen und in gewissen Abständen ebene Zwischenbereiche. Dies ist nur bei einer möglichen Wegeführung über die gesamte Breite der Kirchstraße zu verwirklichen. An sechs Parkplätzen wird die Belebung der Innenstadt sicher nicht scheitern. Das Argument, dass man diese versuchsweise für Menschen mit anderen Gehbeeinträchtigungen reservieren könnte, ist fadenscheinig. Ich möchte dazu einladen, was meine Enkel eine „Rollstuhl-Challenge“ nennen würden. Nun liegt es an ihm, einen Termin bekannt zu geben, wann er an einem Samstag mit ausgeliehenem Rollstuhl die Strecke testet. Vielleicht möchten sich auch noch andere Parkplatzbefürworter anschließen. Wer oben am Schillerplatz ankommt darf dann erklären, warum er/sie der Meinung ist, dass man solche Barrieren, welche die Teilhabe von Menschen mit Behinderung massiv beeinträchtigen, unberücksichtigt lassen könne.
Mit einem „Weiter so“ riskiert die Stadt gerade die nächste Bürgerinitiative und Klagen von Betroffenen. Ob ein barrierefreier Zugang zur Innenstadt tatsächlich an ein paar Parkplätzen scheitern darf, können weder Gemeinderat noch Stadtverwaltung entscheiden. Dafür wäre in letzter Instanz der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zuständig.
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