Leserbriefe

Oberflächlich und naiv wohlwollend

Christian Breuers, Wendlingen. Zum Titelbild „Wieder Moschee“ und zum Artikel „Erdogans Gebet“ vom 25. Juli. Den Bericht zur Umwidmung der Hagia Sophia in Istanbul halte ich vom Umfang her für überdimensioniert und inhaltlich für fragwürdig. Warum wird die Nachricht über diese Entwicklung in der Türkei derartig plakativ auf der Titelseite und extrem ausführlich auf Seite 3 gebracht? Haben wir keine aktuellen Themen von größerem allgemeinen Interesse? Warum werden die Profiteure und Propagandisten dieser höchst problematischen Entwicklung mit der Beschreibung ihres Vollzugs, ihrer Stimmung und ihren Äußerungen derartig ausführlich und in schillernden Farben beschrieben? Warum widmen sich drei Viertel des Artikels nur dieser Seite? Warum bleiben für kritische Stimmen lediglich zwei magere Absätze übrig? Warum kommen keine Christen zu Wort? Warum wird die Betroffenheit der christlichen Welt über diese offene Provokation nur mit einem allgemeinen Satz auf der Titelseite abgehandelt? Warum wird mit keinem Satz erwähnt, wie es den Christen in der Türkei damit geht - ob orthodox, armenisch oder evangelisch (die gibt es nämlich auch)?

Warum wird nicht erwähnt, dass dieser Vollzug nur ein Symbol für die schon länger von Erdogan und seinem Umfeld betriebene Islamisierung der türkischen Gesellschaft ist, mit gravierenden Folgen nicht nur für die vielen säkular eingestellten Türken, sondern auch für Andersgläubige? Vor diesem Hintergrund halte ich die Berichterstattung für recht oberflächlich, ja fast schon naiv wohlwollend. Aus meiner Sicht fehlen Augenmaß und vor allem journalistische Objektivität, Ausgewogenheit und Urteilskraft. Dies würde ich mir in Zukunft bei solchen und vergleichbaren Berichten wünschen.

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