Leserbriefe

Lernen ist mit Mühe und Arbeit verbunden

Dr. Walter Korinek, Nürtingen, Rektor der Auwiesenschule Neckartenzlingen. Zum Artikel „Schulbetrieb von morgen stieß auf geteiltes Echo“ vom 13. Dezember. In der Berichterstattung über die Gemeinderatssitzung in Neckartenzlingen wurden leider die Äußerungen der Schulleitungen etwas verkürzt wiedergegeben und könnten missverstanden werden.

Ich habe in meiner Aussage darauf hingewiesen, dass selbstverantwortliches Lernen das Ziel schulischer Lernprozesse sei und nicht die Voraussetzung schulischen Arbeitens. Sinngemäß betonte ich, dass ich seit 30 Jahren auf die Schüler warten würde, welche die Fähigkeiten zu selbstorganisiertem Lernen einfach von sich heraus schon mitbringen. Deshalb wünsche ich mir von den Verantwortlichen, dass man sich an real existierenden Kindern und Jugendlichen orientieren solle und nicht an Wunschvorstellungen. Schulentwicklung braucht einen ruhigen, realistischen Blick auf Kinder und Jugendliche, Stabilität und langsame Anpassung.

Problematisch ist es, wenn unstrittige Punkte vom Ziel von Erziehung und Bildung zur selbstverständlichen Voraussetzung von schulischen Lernprozessen erklärt werden. Wenn es heißt „ . . . die Gemeinschaftsschule bietet eine anregende Lernumgebung an, in denen voneinander und miteinander zielorientiert und selbstverantwortlich gelernt, gearbeitet, gespielt, gelacht und gefeiert wird und in der jeder Einzelne seine Talente entfalten kann“, ist das sehr erfreulich. Nicht vergessen darf man aber, dass Lernen immer auch mit Arbeit und Mühe verbunden ist. Lernen kann Freude bereiten, wenn man Erfolge feststellt. Schule ist mehr als die Bereitstellung von Lernumgebungen und kommt nicht umhin, auch Tugenden und Werte wie Anstrengungsbereitschaft, Annehmen von Herausforderungen, Disziplin, Akzeptanz von Regeln und Normen zu fordern und zu fördern. Selbstorganisiertes Lernen ist seit Langem unstrittig als Aufgabe und Ziel schulischer Arbeit in allen Schularten anerkannt – aber eben nicht als gegebene Eigenschaften, sondern als Ziel und Ergebnis schulischer Arbeit.

Jugendliche kommen nicht immer nur voller Lernbegierde in den Unterricht und arbeiten von sich aus selbstbestimmt. Schüler bringen notwendige soziale Kompetenzen nicht einfach so mit in den Unterricht, sondern erlernen sie dort. Und dies ist kein exklusives Konzept der Gemeinschaftsschule, sondern seit Langem pädagogische Praxis in allen Schulen. Dass individuelles Lernen, Selbstverantwortung, Kreativität, Vielfalt der Wege des Lernens, verständnisvolles Miteinander, Lachen und Feiern dabei nicht zu kurz kommen, ist (hoffentlich) ebenfalls auch jetzt schon Alltag in jeder Schulart.

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