Leserbriefe

Landwirtschaft und Zahlen

Professor Dr. Carola Pekrun, Nürtingen. Als aufmerksame Leserin der Nürtinger Zeitung, als Bürgerin dieser Stadt und als Professorin für Pflanzenbau und Qualitätsmanagement der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen fühle ich mich verpflichtet, einige Zahlen der breiteren Öffentlichkeit und den Verantwortungsträgern der Stadt zu übermitteln, die bei der Entscheidung für oder gegen die Bebauung des Großen Forsts dringend beachtet werden müssen. Dieser Leserbrief ist in Zusammenarbeit mit meinem Kollegen, Herrn Professor Hauffe, entstanden.

In Deutschland werden täglich zirka 100 Hektar versiegelt. Dies entspricht bei einer Regelgröße eines Fußballfeldes von zirka 0,76 Hektar etwa 131 Fußballfeldern. In Baden-Württemberg werden täglich 8,8 Hektar überbaut. Dies entspricht rund 11,5 Fußballfeldern. Die Versiegelung von Flächen durch Bebauung oder Straßen gilt nach derzeitigem Stand des Wissens als irreversibler Bodenverbrauch, da dieser Schaden von Natur aus oder durch gezielte technisch-biologische Maßnahmen innerhalb von 100 Jahren nicht behoben werden kann. Bodenbildung findet über Jahrtausende statt. Pro Jahr werden etwa 0,1 Millimeter Boden neu gebildet, das heißt für einen Meter Bodenmächtigkeit ist eine Periode von zirka 10000 Jahren erforderlich. Die Bundesrepublik Deutschland sieht den hohen Flächenverbrauch als Problem an und versucht dem entgegenzuwirken. Das Land Baden-Württemberg hat im Rahmen seiner von Ministerpräsident Oettinger angestoßenen Nachhaltigkeitsstrategie Projekte initiiert, die den langfristigen Flächenverbrauch auf null reduzieren sollen. Bei etwa 82 Millionen Einwohnern und einer landwirtschaftliche Nutzfläche von zirka 17 Millionen Hektar stehen jedem Einwohner Deutschlands im Durchschnitt rund 2000 Quadratmeter für die Versorgung mit Nahrungsmitteln zur Verfügung. Das heißt, von den 20 Hektar des Großen Forstes können zirka 100 Menschen versorgt werden. Aufgrund der Wirtschaftskraft der BRD können wir es uns aktuell noch leisten, durch den globalisierten Nahrungsmittelhandel Anbauflächen quasi ins Ausland zu verlagern.

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