Leserbriefe

Gülen-Bewegung und Nachhilfe-Unterricht

Julia Rieger, Nürtingen. Zum Artikel „Zwischen allen Stühlen“ vom 2. Oktober. „Hizmet“ ist der eigene Begriff der im Volksmund genannten Gülen-Bewegung. In der Veranstaltung wurde mit Hilfe des Autors Ercan Karakoyun, Vorsitzender der „Stiftung Dialog und Bewegung“ und der nach eigener Einschätzung Beispiel einer gelungenen Integration in Deutschland, eloquent beschrieben, was die auch hierzulande aktive Gülen-Bewegung wirklich wolle. Eine Erkenntnis habe ich an dem Abend in der Stadthalle mitgenommen: Die Gülen-Bewegung ist eine muslimisch motivierte Bewegung, die zwar auf traditioneller Auslegung des Korans fußt, aber in ihrem Bildungsauftrag einen Beitrag zur Integration sieht.

Religiöse Welterklärungen stehen in Hizmet-nahen (Nachhilfe-)Schulen gleichwertig neben naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Damit sind die Privatschulen als tendenziöse Einrichtungen zu werten. Der Unterschied zu anderen privaten Schulen wie Waldorfschulen oder katholischen Internaten ist jedoch, dass diese offen und deutlich darlegen, was ihr Weltbild ist, welchem Dachverband sie angehören und wie offen sie für gesellschaftliche Strömungen sie sind. Viele Hizmet-nahen Einrichtungen, auch das Kulturforum e. V. in Nürtingen, nehmen es mit der Transparenz, „wes Lied sie singen“, nicht ernst. Die Verschleierung, bis hin zur Leugnung, wird mit befürchteter Verfolgung erklärt. Wir sind noch weit entfernt davon, dass sich Menschen ohne westeuropäische Wurzeln ohne Einschränkung anerkannt fühlen. Religiös motivierte Bildungseinrichtungen sind nicht die beste Antwort für die Integration in eine offene Gesellschaft. Eltern, die ihre Kinder in die Nachhilfe und zur Schule in Hizmet-nahen Einrichtungen schicken, müssen deutlich erkennen können, welche Werte vermittelt werden. Damit man weiß, mit wem man es zu tun hat.

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