Leserbriefe

Faeser sollte die eigene Politik hinterfragen

Thaddäus Kunzmann, NT-Oberensingen. Zum Artikel „Hilfsbereitschaft ist ungebrochen“ vom 6. März.

Bundesinnenministerin Faeser will bei der Unterbringung von Flüchtlingen „die Kommunen mehr in die Pflicht nehmen“. Wenn hier jemand in die Pflicht genommen werden muss, dann ist es ja wohl der Bund, der endlich die Anreize zur (oft auch illegalen) Armuts-Einwanderung abbauen muss. Die allermeisten, die aus ihrer Heimat fliehen, fliehen in der Tat vor Krieg, Unterdrückung oder blanker Not. Aber nach Deutschland kommen sie vor allem, weil hier die Leistungen, auch für die Gesundheitsversorgung, entsprechend hoch sind. Es hat ja einen Grund, warum Hunderttausende lieber durch ein halbes Dutzend Länder in Europa fahren, bis sie dann bei uns ankommen. Eigentlich reichen dafür auch der gesunde Menschenverstand und ein wenig Menschenkenntnis, um das zu verstehen.

Die Stadt Nürtingen muss in den nächsten Jahren aus eigener Tasche zwischen zehn und 15 Millionen Euro nur für die Flüchtlingsunterbringung ausgeben. Dazu folgen noch Kindergartenplätze (obwohl wir dafür keine Erzieher haben), Schulen (es fehlen auch Grundschullehrer) und Heerscharen von Sozialarbeitern. Die ärztliche Versorgung muss in Zeiten des Ärztemangels sichergestellt werden und so weiter.

Wo also sollen wir noch „in die Pflicht genommen werden“?

Der gespielte Witz ist Faesers Forderung, die Kommunen sollten Wohnungen für Flüchtlinge vorhalten, um auf eine nächste Flüchtlingskrise vorbereitet zu sein. Dass bei uns Wohnungen fehlen, ist ja keine Erkenntnis des vergangenen Jahres. Das hat sich seit zehn Jahren aufgebaut. Auf manche frei werdende Wohnung melden sich 50 und mehr Bewerber.

Man stelle sich also vor, die Stadt Nürtingen würde in einer Situation, in der Familien händeringend Wohnungen suchen, selbst 50 oder 100 davon leer stehen lassen, nur um auf die nächste Krise vorbereitet zu sein. Und alles, was wir uns seit 2015 an Unterkünften aufgebaut haben, ist ja noch heute bewohnt (wie zum Beispiel die Nanzwiese im Roßdorf). Wir haben also gar nichts zurückgebaut.

Frau Faeser will nicht, dass Flüchtlinge und Einheimische gegeneinander ausgespielt werden. Das will ich auch nicht. Aber wenn wir aus blanker Not Wohnungen vom Markt wegmieten, um darin Flüchtlinge unterzubringen, fehlen sie halt den Einheimischen – und damit ist der Konflikt doch schon längst da. Frau Faeser sollte also ihre eigene Politik hinterfragen.

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