Demokratie in Gefahr

Sibylle Spieth-Warttmann, Nürtingen.

Mit Verwunderung verfolge ich die öffentliche Debatte zum Thema Verfassungsrichterwahl und frage mich: Was geschieht in unserem Land? Mir drängt sich die Frage auf, warum diese Debatte gerade jetzt aufkommt. Haben wir keine anderen Probleme in unserem Land? Wer aus der Bevölkerung hat sich in der Vergangenheit mit dem Prozedere einer Bundesverfassungsrichterwahl auseinandergesetzt? Ist allen, die sich aktuell zu Wort melden, bekannt, welche politische Orientierung und persönliche Rechtsauffassung die aktuellen Verfassungsrichter haben? War das jemals zuvor ein Thema in den Medien? Ich kann mich nicht daran erinnern. Wer entscheidet, welche Rechtsauslegung richtig ist?

Im Zeitalter von Instagram, WhatsApp und mehr ist es leider sehr einfach, politische Meinungen in die jeweils gewünschte Richtung zu lenken. Daher ist es wichtig, sich kritisch mit Informationen auseinanderzusetzen und gegen Desinformation vorzugehen. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass es bei dieser Debatte um das Richteramt nicht nur um die Personalie Brosius-Gersdorf geht. Es geht darum, unsere Demokratie zu schwächen, indem legitimierte Instanzen die Legitimität demokratischer Institutionen und Prozeduren in Frage stellen.

Würden sich unsere Politiker ordentlich in ihre Arbeit einfinden und nicht ständig mit der Bewachung ihrer Pfründe, parteiinternen Querelen, der Vertuschung ihrer Fehler und ihres persönlichen Fortkommens beschäftigt sein, wäre ein solcher, einer Regierung unwürdiger Schmierentheater, nicht geschehen. Wir müssen aufmerksam darauf achten, dass die Demokratie in unserem Land keinen Schaden nimmt. Dazu benötigen wir die offene Diskussion über politische Fragen und die Berücksichtigung unterschiedlicher Meinungen, denn das ist wichtig für eine lebendige Demokratie. Die Demokratie wird erst dann wirklich wertgeschätzt, wenn sie nicht mehr vorhanden ist.