Leserbriefe

Baden-Württemberg ein Vorbild?

Otmar Braune, NT-Oberensingen. Nach meiner Beobachtung kommen im Wahlkampf existenzielle Zukunftsfragen wie das Artensterben, Klima und Energie und die Frage, wie wir in Zukunft leben und wirtschaften wollen, viel zu kurz. Verständlicherweise beherrscht die Corona-Pandemie das Denken und Fühlen der Menschen. Dabei zeigen Forschungen zum Überspringen des Coronavirus auf den Menschen, wie eng dieser Übersprung, das Artensterben und der Klimawandel zusammenhängen.

Unser Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat seine Priorität für die Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl so formuliert: „Erstens Klimaschutz, zweitens Klimaschutz, drittens Klimaschutz“ und das ist gut so. Dabei reicht es nicht, dass Baden-Württemberg so schnell wie möglich klimaneutral wird. Was wir tun, muss global kopierfähig sein. Dann werden auch andere Regionen der Welt in den Klimaschutz einsteigen. Das von der Rot-Grünen Bundesregierung vor 20 Jahren eingeführte Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde weltweit kopiert. Heute sind Solar- und Windstrom konkurrenzlos günstig. Vor wenigen Jahren noch unvorstellbar: 2020 kam in Deutschland fast die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen.

Leider ist die Energiewende bisher nur eine Stromwende. Sorgenkind beim Klimaschutz ist der Verkehrssektor. Wenn man sich die Wahlprogramme von CDU und FDP anschaut, wollen sie Klimaschutz im Verkehrsbereich technologieoffen erreichen. Was heißt das konkret: neben der Elektromobilität sollen es Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe richten. Dabei muss man wissen, dass man mit 15 kWh Primärenergieeinsatz in einem Elektroauto 100 Kilometer weit kommt, mit wasserstoffbetriebenem Brennstoffzellen-Auto 48 Kilometer und in einem Auto mit Verbrennungsmotor, betrieben mit synthetischem Diesel, nur 15 Kilometer. Mit anderen Worten: ausgehend von 100 Prozent erneuerbarem Strom werden beim Elektroauto 69 Prozent in Bewegungsenergie umgewandelt, beim Wasserstoff-Brennstoffzellenauto 26 Prozent und beim Auto mit Verbrennungsmotor nur 13 Prozent.

Beim Wirkungsgrad schlägt der Elektromotor den Verbrennungsmotor einfach um Längen. Da sich die Physik nicht mit Ideologie beseitigen lässt sind synthetische Kraftstoffe für den Einsatz im Pkw eine Chimäre, die suggerieren soll, der Verbrennungsmotor könne in alle Ewigkeit überleben. Mobilität mit synthetischen Kraftstoffen im Verbrennungsmotor braucht fünf- bis sieben- mal mehr Energie. Dies wäre ein Alptraum und sicher kein Vorbild für die Welt. Wobei eine echte Verkehrswende mehr ist als nur der Umstieg vom Verbrenner aufs E-Auto. Je weniger Autos in der Stadt umso höher die Lebensqualität, dagegen haben kleine leichte und höchst effiziente Elektroautos, betrieben mit Solarstrom, Zukunft auf dem Land.

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