Geschichten aus der Klinik

Vom Irak nach Kirchheim: Der Weg von Medius-Klinik-Oberarzt Al-Hashimi

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, sagt Hadi Al-Hashimi, Leitender Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin, Herz- und Kreislauferkrankungen der Medius-Klinik Kirchheim, im Interview.

Hadi Al-Hashimi ist Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin, Herz- und Kreislauferkrankungen der Medius-Klinik Kirchheim – und ein Mann mit einer außergewöhnlichen Lebensgeschichte. Geboren im Irak, über mehrere Länder nach Deutschland geflüchtet, zweimal Medizin studiert und heute ausgebildeter Internist, Kardiologe und Notarzt. Im Interview spricht er über Kriege, Neuanfänge, seine Liebe zur Medizin – und warum er heute auch schwäbisch spricht.

Herr Al-Hashimi, Sie haben eine sehr bewegte Lebensgeschichte. Geboren wurden Sie 1977 im Irak – und Sie haben dort gleich mehrere Kriege miterlebt.
Das stimmt. Meine Kindheit war geprägt vom ersten Golfkrieg, der acht Jahre dauerte. Später kam der zweite Golfkrieg, ich war damals 14 Jahre alt. Und 2003, als der dritte Krieg begann, war ich bereits Arzt. Man kann sagen: Ich kenne den Krieg aus verschiedenen Lebensphasen – als Kind, als Schüler und als Arzt. Das hinterlässt Spuren.

Sie haben trotz dieser Umstände Medizin studiert und waren im Irak bereits als Pathologe tätig. Was hat Sie dann zur Flucht bewogen?
2007 wurde ich bei einem terroristischen Anschlag schwer verletzt. Das war ein Wendepunkt. Ich hatte keine Zukunft mehr in meiner Heimat, es war zu gefährlich für mich. Ich musste gehen. Das war keine leichte Entscheidung, aber eine notwendige.

Wie verlief Ihre Flucht?
Ich kam über Syrien nach Deutschland. In Syrien habe ich auch meine Frau kennengelernt und geheiratet. Als wir nach Deutschland kamen, hatten wir hier nichts – keine Familie, keine Freunde, keine Sprachkenntnisse, keine Ahnung von der Kultur. Aber ich hatte ein Ziel: Ich wollte wieder als Arzt arbeiten.

Wie geht man ein solches Ziel an – in einem völlig fremden Land?
Man fängt von vorne an. Ich habe die deutsche Sprache in intensiven Kursen gelernt, das war die erste große Hürde. Dann habe ich mein medizinisches Studium in Deutschland noch einmal aufgenommen und 2010 mein Staatsexamen abgelegt – zehn Jahre nach meinem ersten Abschluss im Irak.

Das verlangt enorme Willenskraft. Gab es Momente des Zweifelns?
Natürlich. Es gab schwierige Phasen, in denen ich an meine Grenzen gestoßen bin – sprachlich, emotional, auch finanziell. Aber ich habe mich immer auf mein Ziel konzentriert und versucht, die nächsten Schritte zu gehen, statt mich von Rückschlägen entmutigen zu lassen. Und ich hatte das große Glück, hier in Deutschland auf Menschen zu treffen, die an mich geglaubt und mich unterstützt haben. Das hat mir sehr geholfen, dranzubleiben.

Sie haben erwähnt, dass Sie die deutsche Sprache in intensiven Kursen gelernt haben. Wie war es für Sie, sich sprachlich im ärztlichen Alltag zurechtzufinden – gerade am Anfang?
Anfangs war das nicht leicht. Ich sprach Hochdeutsch, aber viele Patientinnen und Patienten verständigten sich im schwäbischen Dialekt – da war ich oft auf die „Übersetzung“ durch Kolleginnen und Kollegen angewiesen. Ich habe schnell gemerkt, dass es nicht reicht, nur Hochdeutsch zu sprechen. Also musste ich zusätzlich noch schwäbisch lernen. Erst dann konnte ich im Alltag wirklich sicher kommunizieren. Heute ist das für mich ganz selbstverständlich.

Seit 2010 arbeiten Sie in der Medius-Klinik Kirchheim. Wie verlief Ihre medizinische Laufbahn seitdem?
Ich habe als Assistenzarzt in der Inneren begonnen und mich Schritt für Schritt zum Leitenden Oberarzt weiterentwickelt. Zusätzlich arbeite ich als Notarzt und bin in der interventionellen Kardiologie im Katheterlabor tätig. Es ist ein breites Spektrum, aber genau das macht die Arbeit spannend.

Sie engagieren sich auch in der Ausbildung. Warum ist Ihnen das wichtig?
Ich weiß, wie wichtig Unterstützung am Anfang ist. Deshalb sehe ich es als meine Pflicht, junge Kolleginnen und Kollegen sowie angehende Pflegekräfte zu begleiten. Die Arbeit in der Pflegeschule ist ein bedeutender Teil meiner Tätigkeit.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?
Ich bin sehr dankbar dafür, wo ich heute stehe. Aber ich habe noch viele Ideen. Medizinisch möchte ich mich weiter spezialisieren, aber auch das Thema interkulturelle Kompetenz in der Medizin liegt mir am Herzen. Ich habe selbst erlebt, wie schwer es sein kann, als Fremder anzukommen. Ich möchte helfen, Brücken zu bauen.

Was würden Sie jungen Menschen mit auf den Weg geben, die selbst vor großen Herausforderungen stehen?
Man muss an sich glauben – und darf nie aufgeben. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das ist keine Floskel, sondern meine Lebensrealität.

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