Angesichts ausbleibender Fortschritte in den Gesprächen mit Russland sollen Deutschland und andere Nato-Staaten auch im kommenden Jahr für mindestens eine Milliarde US-Dollar (0,9 Mrd. Euro) pro Monat amerikanische Waffen und Munition für die Ukraine kaufen. Es gehe um den Erwerb von entscheidender Ausrüstung, zu der etwa Abfangraketen für Luftverteidigungssysteme, aber auch offensive Systeme zählten, erklärte Nato-Generalsekretär Mark Rutte bei einem Treffen mit den Außenministern der Bündnisstaaten in Brüssel. Insgesamt könnten etwa 15 Milliarden US-Dollar gebraucht werden.
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) kündigte am Rande der Beratungen an, dass Deutschland für zwei neue Pakete mit US-Rüstungsgütern für die Ukraine insgesamt 200 Millionen Dollar (rund 172 Mio. Euro) bereitstellen wird. Sie werden gemeinsam mit Polen, Norwegen und den Niederlanden geschnürt und kommen zu einem bereits finanzierten 500-Millionen-Dollar-Paket hinzu. Für 2026 zählen diese Beiträge allerdings nicht, da sie für die Bedarfsdeckung in diesem Jahr gebraucht werden.
Die US-Rüstungsgüter werden über die sogenannte Purl-Initiative beschafft. Sie war in diesem Sommer gestartet worden, um Forderungen von US-Präsident Donald Trump nachzukommen. Dieser ist der Ansicht, dass die USA in der Vergangenheit einen deutlich zu großen Anteil an der Ukraine-Unterstützung hatten und will nun, dass die anderen Alliierten für weitere US-Militärhilfen zahlen.
Die Initiative sieht dafür vor, dass in den USA hergestellte Munition und Waffen an die europäischen Verbündeten und Kanada verkauft werden – und diese sie dann der Ukraine zur Verfügung stellen. Purl steht für «Prioritised Ukraine Requirements List». Auf Deutsch bedeutet das etwa: Priorisierte Bedarfsliste für die Ukraine.
Rutte sagte bei dem Außenministertreffen, es gehe bei der Unterstützung darum, dass die Ukraine aus der bestmöglichen militärischen Lage heraus mit Russland über ein Ende des Krieges verhandeln kann. Es sei gut, dass Gespräche liefen, aber man müsse sicherstellen, dass die Ukraine während dieser Gespräche in der stärksten möglichen Position sei und den Kampf gegen die Russen so lange wie nötig fortsetzen könne. Er verwies dabei auch darauf, dass der Ausgang der aktuellen Gespräche ungewiss sei.
Wadephul äußerte sich noch deutlich pessimistischer. Er sagte, man begrüße alle Gespräche, die das Ziel hätten, den Krieg zu beenden. Zum jetzigen Zeitpunkt sehe man aber überhaupt keinen ernsthaften Willen auf russischer Seite, in einen Verhandlungsmodus zu gehen. Deswegen sei man bereit, die Ukraine weiter zu unterstützen.
Überschattet wurde das Außenministertreffen in Brüssel von der Absage von US-Außenminister Marco Rubio, der sich von seinem Vize Christopher Landau vertreten ließ. Ein triftiger Grund für die Absage Rubios wurde zunächst nicht genannt. Ein Sprecher des US-Außenministeriums teilte lediglich mit, es wäre völlig unrealistisch, Rubio bei jedem Treffen zu erwarten. Der Minister habe bereits an Dutzenden Treffen mit Nato-Verbündeten teilgenommen und dank der starken und visionären Führung von US-Präsident Donald Trump sei die Nato bereits vollständig «revitalisiert», hieß es aus Washington.
Dass ein US-Außenminister nicht persönlich an einem formellen Nato-Außenministertreffen teilnimmt, ist höchst ungewöhnlich. So schrieb die langjährige frühere Nato-Sprecherin Oana Lungescu (2010-2023) nach dem Bekanntwerden erster Gerüchte über eine Absage im sozialen Netzwerk X, sie könne sich an nichts Vergleichbares in der jüngeren Geschichte erinnern.
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