Ausland

Ringen um Sicherheitsgarantien für Ukraine geht weiter

Frankreichs Präsident Macron und sein ukrainischer Kollege Selenskyj hielten eine Pressekonferenz ab. Ludovic Marin/Pool AFP/AP/dpa
Der ukrainische Staatschef Selenskyj drängt auf einen EU-Beitritt seines Landes. Ludovic Marin/Pool AFP/AP/dpa
Auf die Beratungen der Europäer folgte ein Telefonat mit US-Präsident Trump. (Archivbild) Evan Vucci/AP/dpa
Russlands Präsident Putin lässt keine Bereitschaft zu echten Zugeständnissen erkennen. (Archivbild) Maxim Shemetov/Pool Reuters/AP/dpa

Eine starke ukrainische Armee muss nach Ansicht von Präsident Wolodymyr Selenskyj zentrales Element künftiger Sicherheitsgarantien für sein Land sein. «Ihre Fähigkeiten – Finanzierung, Waffen, Produktion – sichern wir jetzt und sollten das auch in einem Jahr, in fünf Jahren, in zehn Jahren tun», schrieb er nach Beratungen mit westlichen Unterstützern der Ukraine auf der Plattform X.

Zuvor hatte die sogenannte Koalition der Willigen aus mehr als 30 Staaten über Formen der Unterstützung für die Ukraine gesprochen, um das Land nach einem möglichen Waffenstillstand oder Friedensschluss mit Russland vor einer neuen Aggression des Nachbarn zu schützen. Zu den Beratungen in Paris waren manche Teilnehmer wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) per Video zugeschaltet. Anschließend gab es ein Gruppen-Telefonat mit US-Präsident Donald Trump. 

 

Fraglich ist, wie ein Ende des seit mehr als dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskriegs erreicht werden kann. Kremlchef Wladimir Putin, der den völkerrechtswidrigen Überfall auf das Nachbarland befohlen hatte, lässt bisher keine Bereitschaft erkennen, sich auf substanzielle Zugeständnisse einzulassen.

Selenskyj schrieb auf X, der Schlüssel zum Frieden liege darin, Russlands Kriegsmaschinerie Geld und Ressourcen zu entziehen. Außerdem habe die Ukraine den USA einen neuen Vorschlag zum Schutz des ukrainischen Luftraums zur Prüfung vorgelegt. Details dazu nannte er nicht. 

Medienberichten zufolge soll Trump den Europäern in dem gemeinsamen Telefonat vorgehalten haben, trotz ihres Widerstands gegen Russland weiterhin Öl von dort zu beziehen und damit Putins Kriegsführung zu finanzieren. Er habe gefordert, die Ölgeschäfte zu beenden und auch mehr Druck auf China zu machen, berichteten das US-Nachrichtenportal «Axios» und der TV-Sender CNN unter Berufung auf Quellen im Weißen Haus. Die «Bild» sprach von einem «hitzigen Telefon-Gespräch» mit den Europäern.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte in einer Pressekonferenz nach den Beratungen in Paris, dass Trump und die US-Regierung völlig zurecht darüber empört seien, dass zwei EU-Mitgliedstaaten weiterhin russisches Öl kauften. Dabei geht es um Ungarn und die Slowakei, die auch bei Sanktionen gegen Russland auf der Bremse stehen. Macron sagte, es sei gut, dass die USA und Europa ihre Sanktionen gegen Russland künftig noch enger koordinieren wollten, auch um diesen Praktiken ein Ende zu setzen.

Nach EU-Angaben sind die Ölgeschäfte europäischer Staaten mit Russland in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Komplett zum Erliegen gekommen sind sie aber nicht. Die russische Erdölpipeline Druschba transportiert weiterhin Öl in Richtung Ungarn und Slowakei.

Im Rahmen der Diskussion über Sicherheitsgarantien für sein Land drang Selenskyj auf einen EU-Beitritt der Ukraine. «Unter den Sicherheitsgarantien, die wir sehen, ist eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union eine zwingende ökonomische, politische und geopolitische Sicherheitsgarantie», sagte er bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Macron. In den EU-Verträgen ist auch eine militärische Beistandsklausel enthalten.

Selenskyj fordert seit langem ein direktes Treffen mit Putin und wirft Moskau Verzögerungstaktik vor, um den Krieg fortzuführen. «Wenn du willst, dass kein Treffen stattfindet, dann lädst du mich nach Moskau ein», sagte Selenskyj an die Adresse des Kremlchefs gerichtet. Aber es sei zumindest «nicht schlecht», dass Russland überhaupt über ein mögliches Treffen spreche.

Putin hatte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz gesagt, Selenskyj könne nach Moskau kommen, wenn es die Aussicht auf ein gutes Ergebnis gebe. Der Ukrainer wiederum sagte, von diesem Vorschlag habe er von den «amerikanischen Partnern» erfahren.

Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilten mit, dass 26 westliche Länder bereit seien, Truppen zur Absicherung eines Waffenstillstands oder Friedens zwischen Russland und der Ukraine zu entsenden. Die Länder hätten sich bereiterklärt, Bodentruppen, Kräfte in der Luft oder auf See dafür einzusetzen, sagte von der Leyen. Sie führte aber nicht aus, welche Länder sich konkret auf welche Weise und mit wie vielen Soldaten beteiligen wollen.

Deutschland will sich noch nicht auf eine Beteiligung festlegen, wie Kanzler Merz zu verstehen gab. Zunächst müssten Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte im Mittelpunkt stehen, sagte er nach Angaben seines Regierungssprechers.

Eine Truppenpräsenz europäischer Nato-Staaten in der Ukraine wäre nach Angaben aus Militärkreisen vor allem als großangelegter Ausbildungseinsatz denkbar. Demnach geht es nicht um eine Friedenstruppe im klassischen Sinn.

Die Hauptlast eines Einsatzes würden die europäischen Nato-Mitglieder tragen. Dabei hatten die Europäer immer wieder deutlich gemacht, dass es nicht ohne eine Rückversicherung durch die USA gehen wird. Konkrete Zusagen aus Washington gab es nicht.

Russland sei bereit, weiter Krieg zu führen, sollte es nicht zu einer für Moskau akzeptablen Einigung kommen, sagte Putin am Mittwoch. Das russische Außenministerium lehnte die westlichen Überlegungen für Sicherheitsgarantien einschließlich der Entsendung von Truppen aus Nato-Staaten in die Ukraine ab. «Russland wird nicht über eine zutiefst unannehmbare und jede Sicherheit untergrabende ausländische Intervention in der Ukraine diskutieren», sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa.

Unterdessen gehen die Kämpfe in der Ukraine weiter. Auch in der Nacht wurde in vielen Landesregionen wieder Luftalarm ausgelöst. An russischen Flughäfen in Kaluga, Wolgograd und Tambow kam es nach Angaben der Luftfahrtbehörde Rosawiazija am Abend und in der Nacht ebenfalls zu vorübergehenden Einschränkungen.

© dpa-infocom, dpa:250905-930-998813/1

Zur Startseite