Leserbriefe

Zeichen setzen für klimagerechte Stadt

Professor Dr. Dirk Funck, Nürtingen. Zu den Themen Bahnstadt, Innenstadt und Stadtbalkon.

Städte für Autos? Oder für Menschen? Einige Leserbriefe der letzten Woche haben sich mit den Themen „Bahnstadt“, „Innenstadt“ und „Stadtbalkon“ befasst. Zu lesen ist über „funktionierende Straßen zum Wohle der Wirtschaft“. Persönlich erlebte Verkehrsprobleme oder auch holzschnittartige Überschlagsrechnung zu dessen Wirtschaftlichkeit führen zur Ablehnung des Stadtbalkons. Reflexartig werden mehr Parkplätze gefordert. Leserbriefe, die aus den 60er-Jahren zu stammen scheinen, als das Leitbild der „Autogerechten Stadt“ entwickelt wurde.

Aktuelle Erkenntnisse zur Stadt- und Mobilitätsplanung mit Blick auf den Klimaschutz und die Lebensqualität der Menschen werden ignoriert. Konzepte wie die „15 Minuten Stadt“, die zunehmende Anzahl autofreier Innenstädte oder Studien zum reduzierten Parkraumbedarf („Stiftung Lebendige Stadt“ 2021) sind scheinbar unbekannt.

Insgesamt gilt: Wenn wir für den automobilen Individualverkehr günstige Rahmenbedingungen schaffen, wird dieser auch weiter expandieren. Einen Systemwandel unterstützen wir nur dann, wenn wir neu denken und zum Beispiel einen Innenstadtring unterbrechen, um Energien für innovative Mobilitätskonzepte freizusetzen. Der dauerhafte Stadtbalkon wäre ein Signal, wie wir den öffentlichen Raum wieder für die Menschen mit Qualität versehen und die Stadt am Fluss erlebbar machen.

Der Lkw-Durchgangsverkehr würde zudem deutlich eingeschränkt. IBA’27-Intendant Hofer möchte in fünf Jahren vorzeigbare Ergebnisse für die Bahnstadt haben. Professionelle Bauträger mit renditegetriebenen Motiven sollen die Planung des Quartiers vorantreiben. Keine Rede mehr von Partizipation und Konzeptvergabe. Wollen wir uns von der IBA unter Druck setzen lassen, wann und vor allem wie wir im Herzen der Stadt ein neues Quartier entstehen lassen?

Wollen wir einem längst überkommenden Leitbild folgend, möglichst viel Parkraum schaffen, statt ein zukunftsfähiges Quartiers- und Mobilitätskonzept zu entwickeln, das die Menschen in den Mittelpunkt stellt? Es wäre wichtig, dass Stadtverwaltung und Gemeinderat ein Zeichen für eine menschen- und klimagerechte Stadt setzen und die Bürger in Nürtingen besser informieren und nachhaltiger einbeziehen.

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