Leserbriefe

Space-Center in Ramstein

Dr. Johannes Heimann, Nürtingen. Zum Artikel „Nato baut in Ramstein Weltallverteidigung auf“ vom 20. Oktober. Gebannt von Corona und US-Präsidentenwahl hätte man es fast übersehen können. Am 20. Oktober erschien eine kleine Notiz: „Nato baut in Ramstein Weltallverteidigung auf – Der Weltraum soll eigenständiges Operationsgebiet werden.“ Ausgerechnet hier soll also ein „Space-Center“ aufgebaut werden. Es ist also nicht genug, dass von deutschem Boden (auch das Gebiet der US-amerikanischen Kasernen ist deutsches Hoheitsgebiet!) mit AFRICOM in Stuttgart-Möhringen und EUCOM/SOCEUR in Stuttgart-Vaihingen alle US-Kriegsmaßnahmen in Afrika, Nahost und Asien koordiniert werden; dass mit dem Militärflughafen in Ramstein und dem angegliederten großen Militärkrankenhaus sich bei uns das Drehkreuz aller Militäreinsätze befindet und von Ramstein die US-Drohnenangriffe auf alle Ziele zwischen Afrika und Pakistan computergesteuert werden. Nein – wir nehmen von deutschem Boden jetzt auch den Kampf gegen die Marsmännchen auf.

Oder geht es hier um etwas ganz anderes? 1989 hatte man im Rahmen der Vier-plus-zwei-Gespräche und der Wiedervereinigung Deutschlands dem damaligen russischen Präsidenten Gorbatschow versprochen, die Nato nicht weiter nach Osten zu erweitern. Seitdem wurde dieses Versprechen mit der Aufnahme von Polen, Tschechien und Ungarn 1999, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien 2004, Albanien und Kroatien 2009 und Montenegro 2017 dreizehnmal gebrochen!

Das solchermaßen eingekreiste Russland wurde mit Sanktionsmaßnahmen belegt. Entlang der Ostgrenze der baltischen Staaten wurden Raketenabwehrsysteme installiert. Fachleute sind sich einig, dass diese nur einen Zweck haben: die mögliche nukleare Zweitschlagkapazität Russlands auszuschalten. Der jetzige Beschluss, den Weltraum in das Aktionsfeld der Nato mit einzubeziehen, geht genau in diese Richtung.

Erinnern wir uns: Der Erste Kalte Krieg blieb deshalb kalt, weil jeder wusste, wer zuerst auf den roten Knopf drückt, stirbt als zweiter. Im Zweiten Kalten Krieg soll das wohl anders sein. Allein schon der Verteidigungshaushalt Frankreichs übertrifft finanziell den Russlands. Soll unter diesen Umständen Deutschland zwei Prozent seines Bruttosozialprodukts in Rüstung stecken? Oder kann man zu entsprechenden Forderungen vom alten oder dem neuen US-Präsidenten einfach nein sagen?

Zur Startseite