Leserbriefe

S 21: Es geht um ein Immobilienprojekt

Reinmar Wipper, Nürtingen. Zum Artikel „Eine Jahrhundertchance für Nürtingen“ vom 8. November. Als die Herren Filbinger und Späth das Land regiert haben, sagte die CDU: „Wir sind Baden-Württemberg“. SPD-Mann Schmiedel hat jüngst noch einen draufgesetzt und an die Adresse kritischer Theologen gesagt: „Nicht ihr, wir sind die Guten!“ Und, sinngemäß: „Gott ist mit den Tunnelgräbern von S21“. Dieses schwarz-rote Bündnis sieht man in der Nürtinger Zeitung um FDP, Gewerkschaft, Junge Bürger und eine Bürgermeisterin angereichert. Die erweiterte Allianz der Guten, wie es scheint. Und ich frage mich: Das sind doch lauter nette Leute, die da in Reih und Glied für S 21 posieren, ich kenne sie alle, und warum könnte ich mich doch nicht einreihen, falls ich je gebeten würde? Die Antwort ist relativ einfach: Ich kann rechnen, ich kann lesen, ich habe meine sieben Sinne noch beieinander. Und ich verstehe etwas von Bahntechnik, Gleisbelegung, Kombinatorik und Fahrplantakt. Ich weiß, dass S 21 kein Projekt des Bahnverkehrs ist, sondern ein Immobilienprojekt, dem die Bahn in den Keller weichen soll, koste es, was es wolle. Ich habe die hohen Schwüre der Bahnheiligen und der Regierung Mappus im Fernsehen erlebt – und brechen sehen. Dank unbeirrter Journalisten, die nicht auf Glaubenssätze bauen, sondern auf Fakten. Die Regierung Oettinger hat Kostenberechnungen unterdrückt, um die SPD bei der Stange zu halten. Man soll aber nicht alles glauben, was in der Zeitung steht, sagt dazu unser Landtagsabgeordneter. Und das berühmte Ende der Fahnenstange, nämlich 4,5 Milliarden, um die sich die Bahnfürsten regelrecht mit ihren Gegnern geprügelt haben, wird forsch verlängert: „Auf ein paar Euro mehr oder weniger kommt es nicht an“, sagt die Allianz der Guten. Und Alt-OB Bachofer warnt vor der größten Geldvernichtung des Jahrhunderts. Mann, oh Mann, in Deutschland gehen ganz andere Summen über den Jordan als ein paar Millionen, die uns vor weiterem Schaden in Hauptstadt und Region bewahren würden. Und dann bliebe Geld übrig, um den Schienenverkehr dort zu verbessern, wo’s wirklich klemmt.

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