Licht der Hoffnung
„Liebe ist eine ungerechte Veranstaltung“
Licht der Hoffnung: Uta Köbernick über Politik, Liebe, Zärtlichkeit und Schönheit sowie das Dreikönigskonzert in Unterensingen
Ein Dreikönigskonzert der besonderen Art kann man am Mittwoch, 6. Januar, um 18 Uhr im Unterensinger Udeon erleben: Dank der Hilfe der Nürtinger Firma ZinCo gastiert Uta Köbernick – die gebürtige Köpenickerin wurde bereits mit dem Deutschen Kleinkunstpreis ausgezeichnet. Demnächst erhält sie die wichtigste österreichische Ehrung dieser Art: den „Salzburger Stier“.
UNTERENSINGEN. Bei der vorletzten Veranstaltung des Festivals der Hoffnung präsentiert sie zu Gunsten der Weihnachtsaktion unserer Zeitung ihr neues Programm „Grund für Liebe“. Untertitel: „Politisch. Zärtlich. Schön“. Im Gespräch mit unserer Zeitung äußert sie sich über politisches Kabarett und ihre Leidenschaft für Sprache.
Was hat Politik mit Schönheit zu tun?
Vielleicht auf den ersten Blick nichts. Vermutlich auch auf den zweiten nicht. Dass ich jetzt schon seit einigen Jahren politisches Kabarett mache, liegt nicht daran, dass ich das so wahnsinnig aufregend, sexy oder schön finde, sondern daran, dass ich mich dazu genötigt fühle. Weil die Welt im Moment so ist, wie sie ist.
Was hat Politik mit Zärtlichkeit zu tun?
„Politik“ und „Schönheit“ – schon diese Worte nebeneinander scheinen erst mal wie ein Widerspruch. Es geht mir aber darum, wie wir damit umgehen: Was macht diese Zeit mit uns? Wie aggressiv reagieren wir auf Ungerechtigkeiten? Wie sanft können wir damit umgehen und dennoch beharrlich im Aussprechen der Sachen bleiben, ohne den anderen nur zu beschädigen? Da steckt für mich auch die Zärtlichkeit drin.
Worin denn?
In der Betrachtung des Gegenüber. Dass man bestimmte Vorverurteilungen oder auch einen Blick, den man einmal vielleicht nicht mal zu Unrecht bekommen hat, immer wieder hinterfragt. Und den Menschen, dem man gegenübersitzt oder -steht, wirklich anschaut. Vielleicht macht ja genau das den Titel des Programms aus: dass es erst mal nicht so zusammengehört – Politik, Zärtlichkeit, Schönheit. Aber vermutlich ist es dennoch das politischste Programm, das ich je geschrieben und gespielt habe.
Warum das?
In meinem ersten Programm ging es sehr stark um zwischenmenschliche Beziehungen. Das hieß „Sonnenscheinwelt“. „Grund für Liebe“ hat auf den ersten Blick viel weniger damit zu tun. Aber es ist eine Art, politisches Kabarett zu machen, bei der vielleicht nicht in jedem Moment der Zeigefinger im Raum steht und ich die ganze Zeit behaupte, recht zu haben.
Die 68er haben ja immer behauptet „Alles ist politisch“. Hatten die denn etwa recht?
Ja. Insofern auch Schönheit und Zärtlichkeit. Unsere Zeit ist hochpolitisch, man kann fast nichts mehr außerhalb davon sehen. Und das macht einen manchmal auch ganz krank.
Wie kommen Sie darauf?
Man möchte vieles richtig machen. Ob man das jetzt als Konsument ist, der eigentlich bestimmte Dinge nicht unterstützen will, obwohl er eigentlich grad nur schön essen gehen wollte. Oder ob man seinen Kindern in der Weihnachtszeit Schokolade schenkt, die durch Kinderarbeit hergestellt wurde und so weiter und so fort. Im Grunde hat man das Gefühl: Jede Kleinigkeit hat Konsequenzen. Wenn man das die ganze Zeit bedenkt, wird man natürlich wahnsinnig vor lauter Verantwortung und kann auch nicht mehr ganz frei leben.
Wozu ist Politik denn da?
Um Grundlagen zu schaffen, dass wir Regeln haben, nach denen jeder halbwegs frei leben kann, nach denen jeder ungefähr gleiche Bedingungen hat, und damit Ungerechtigkeiten so weit beschränkt werden, dass für jeden ein respektables Dasein dabei rauskommt. Ich fühle mich in dieser Welt privilegiert – meine schmerzhaftesten Erfahrungen waren, glaube ich, Liebeskummer. Das nenne ich Luxus.
Wie meinen Sie das?
Ich habe weder Krieg noch Flucht erleben müssen. Ich muss nicht jeden Tag um das Überleben meines Kindes kämpfen. Ich muss es höchstens vor der heutigen Bildungspolitik schützen.
Was ist überhaupt Liebe?
Mein österreichischer Kabarett-Kollege Gunkl sagt: „Liebe ist eine ungerechte Veranstaltung.“ Da hat er total recht. Weil der geliebte Mensch Dinge tun darf, die der normale Mensch nicht tun darf. Man räumt dem geliebten Menschen viel ein.
Wie wichtig ist Ihnen Liebe?
Sehr wichtig. Sie macht das Leben schön!
Und wie wichtig ist Ihnen Geliebtwerden?
Es ist natürlich wunderbar. Aber man muss auseinanderhalten: Das Geliebtwerdenwollen gehört für mich nicht auf die Bühne. Das wäre Publikumsmissbrauch.
Was Sie auszeichnet, ist ja Ihre grenzenlose Liebe zur Sprache. Wann ist die denn wachgeküsst worden?
Sehr früh. Mein Eltern waren beide Journalisten. Mein Vater hat am Abendbrottisch immer sehr viele Wortspiele und Sprachwitze zum Besten gegeben. Er ließ keine Gelegenheit aus. Wenn sich eins anbot – dann kam das garantiert immer. Da musste ich sehr früh sehr, sehr viel aushalten – halt, nein, das stimmt überhaupt nicht: Ich durfte schon als Kind Sprache sehr lebendig erfahren. Sie kann einfach was, die Sprache, sie kann was.
Nun haben Sie ja eine große Lücke geschlossen: Sie können mit der Sprache so geistreich und witzig umgehen wie wohl seit Werner Finckh niemand mehr.
Das ist zwar ein sehr schönes Kompliment. Aber das nehme ich nicht an. Denn es gibt wirklich viele Kollegen, die das auch sehr gut können. Sebastian Krämer zum Beispiel. Der ist auch ein Poet. Und so alt wie ich.
Der war ja vergangenes Jahr beim Dreikönigskonzert in Unterensingen.
Eben! Na also!
Tickets für das Dreikönigskonzert mit Uta Köbernick gibt es im Vorverkauf im Stadtbüro unserer Zeitung am Nürtinger Obertor 15, Telefon (0 70 22) 94 64-1 50, EMail nz-vorverkauf @ntz.de.