Leserbriefe

Wo bleibt der gesunde Menschenverstand?

Hellmut Kuby, Nürtingen. Zum Artikel „Zahl des Tages: Heute: Tödliche Unfälle auf Autobahnen in Deutschland ,46‘“ vom 15. Januar. Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland, nämlich 56 Prozent, sind für ein Tempolimit von 130 Kilometer die Stunde auf Autobahnen. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung, wie sie fast in der ganzen Welt praktiziert wird. Der Hauptgrund für diese Maßnahme ist die größere Verkehrssicherheit. Die Folgen von Unfällen sind weniger schwer. Der Verkehr bleibt flüssiger, wenn die Geschwindigkeiten nicht so unterschiedlich sind.

Das alles sind Erfahrungen, die (vielen Menschen) einleuchten. Aber nicht allen! Und man glaubt es nicht, wer dazugehört. Im Herbst 2019 stimmten nur circa 130 von 709 Abgeordneten im Bundestag für ein Tempolimit von 130 Kilometer pro Stunde auf Autobahnen. Das heißt über 80 Prozent sind für freie Fahrt für freie Bürger. Manche haben es auch begründet. „Ein Tempolimit ist gegen den gesunden Menschenverstand“, stammt von unserem Verkehrsminister Scheuer. Andere Aussagen: „Die deutschen Autobahnen sind die besten der Welt.“ „Auf den meisten gibt es ja (sowieso) Geschwindigkeitsbegrenzungen“ und so weiter.

In dieser Informations-Situation erfährt man dann als Zeitungsleser die statistische Wahrheit: Erstens: Tempolimit gibt es nur auf 30 Prozent der Autobahnen. Zweitens: 2018 starben auf allen Autobahnen zusammen 424 Personen – ohne Tempolimit 301, mit Tempolimit 123. Von den 301 Toten starben 135, von den 123 Toten 61 als Folge überhöhter Geschwindigkeit, also 196 Menschen. Das sind 46 Prozent der Verkehrstoten, also fast jedes zweite Todesopfer.

Müssten wir nicht unsere gewählten Bundestagsabgeordneten und uns selbst fragen, ob diese Todesopfer durch ein einfaches Gesetz vermieden werden könnten? Während es sich zum Beispiel bei Impfpflicht oder Brandschutzbestimmungen im Vergleich dazu um marginale Opfervermeidungszahlen handelt. Mir scheint, der gesunde Menschenverstand ist häufiger bei Autofahrern, die wissen, dass man sein Ziel auch mit einer Geschwindigkeit von 130 Kilometer pro Stunde erreicht – und das entspannter.

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