Peter Liewald, Nürtingen. Zum Artikel Boss-Logistik-Chef informiert Gemeinderat vom 23. Februar. Im Pressegespräch mit der NZ kritisiert der Oberbürgermeister Heirich nun schon zum wiederholten Mal öffentlich, dass sich einzelne Gemeinderäte undemokratisch verhalten und dem Ansehen der Stadt schaden würden. Wer solch einen schweren Vorwurf erhebt, sollte vielleicht auch eine Sekunde länger in den Spiegel schauen und dann sein eigenes Tun in die Waagschale der Kritik legen. Nehmen wir den Gesichtspunkt demokratisches Verhalten: Meines Wissens waren es nicht die kritisierten Gemeinderäte, sondern der Oberbürgermeister, der über Monate hinweg große Teile des Gemeinderates, ganz abgesehen von der Bevölkerung, in Unkenntnis ließ, dass er mit der Firma Boss über eine der voluminösesten Bauplanungen vor Ort verhandelte.
Im Schnellverfahren wurde ein Bebauungsplan Großer Forst 1 zur Abstimmung gebracht, der bis in den Wortlaut hinein (siehe 1.3 Bauweise) praktisch eine Lex Boss war und ist, ohne die abstimmenden Gemeinderäte darüber zu informieren. Erst der Druck aus der Öffentlichkeit, unter Federführung einzelner mutiger und engagierter Gemeinderäte, nahm den Schleier von dieser, einer kommunalen Demokratie unwürdigen Geheimniskrämerei, deren Taktik allerdings offensichtliches Kalkül war: Je weniger Vorlaufzeit eine inhaltliche Debatte hat, umso eher lassen sich die geplanten Ziele durchsetzen. Den Widerständlern müssten jetzt eigentlich, nach Kenntnis dieses auch ökonomisch äußerst fragwürdigen Mammutprojekts, die Bürgermedaillen durch den Oberbürgermeister verliehen werden, denn sie haben Wege zur Stärkung der Demokratie aufgezeigt, ganz im Sinne der Bertelsmann-Stiftung.
Nun kennt die Öffentlichkeit wenigstens umrisshaft die Dürftigkeit der ökonomischen und arbeitsmarktpolitischen Argumente. Der Logistik-Sprecher Schneider verkündet großspurig und gleichermaßen nebulös, seine Firma werde 400 Arbeitsplätze schaffen. Wie viele davon jedoch faktisch im Unternehmen neu geschaffene Voll-Arbeitsplätze sind, darüber schweigt er. Und in dieser Hinsicht sollte man die Absichten des neuen Eigentümers, des britischen Finanzinvestors Permira, beim Wort nehmen. Dessen Ziele sind zuvorderst deutliche Steigerungen des Börsenkurses und höhere Dividenden für Anleger. Was das für die Arbeitsplätze bedeutet, bedarf im Zeichen der Shareholder-Value-Erfahrungen keiner Phantasie mehr. Zwei Drittel aller Arbeitsplätze entstehen in kleinen und mittleren Unternehmen; das gilt auch für Nürtingen: Die Großen machen die Schlagzeilen, der Mittelstand schafft Arbeitsplätze. Er schafft auch die meisten Ausbildungsplätze für Schulabgänger, die damit eine Zukunft bekommen.
Leserbriefe | 28.06.2025 - 05:00
Enttäuscht vom AWB
Heinz-Rüdiger Haase, Großbettlingen.
In jüngster Vergangenheit ist über die chaotische Umstellung des neuen Entsorgers der Gelben Tonne ausgiebig berichtet worden. Meine Hoffnung war, dass damit die organisatorischen Probleme der Entsorgung durch die ...