Perrin Sarioglu, Kirchheim, Betriebsratsvorsitzende. Zum Artikel „Fristlos gekündigt nach TV-Auftritt“ vom 31. Oktober. In was für einer Welt leben wir eigentlich? Banker und Manager können ungestört alles an die Wand fahren und werden dafür noch mit überdimensionalen Gehältern und Abfindungen belohnt. Kleine Arbeitnehmer werden, nachdem sie sich fast ihr Leben lang in die Firma eingebracht haben, wegen einem Pfandbon im Cent-Bereich ohne Pardon entlassen.
Schon Wochen vor dem 9. November und wahrscheinlich auch Wochen danach wird der Mauerfall gefeiert, die große Freiheit bejubelt. Mit großen Freudengefühlen der Menschen aus dem Osten, als sie damals endlich frei waren. Gerührt und bewegt sahen alle vergangene Woche die Bilder im Fernsehen.
Aber was ist das für eine Welt, wenn fast im gleichen Augenblick ein Mensch, der sich als Betriebsrat für den Erhalt der Arbeitsplätze seiner Kolleginnen und Kollegen einsetzt, der in den Medien ehrlich über Tatsachen berichtet, um seinem Unternehmen zu helfen, fristlos gekündigt wird. Damit die Banken endlich den Firmen Kredite geben, damit sie nicht über die Klinge springen müssen! Damit Menschen nicht mehr länger um ihre Arbeitsplätze bangen müssen und nicht in ihr finanzielles Verderben getrieben werden.
Am 9. November feierten die Medien die große Freiheit (Meinungsfreiheit) und genau dieser Betriebsrat wird, weil er seine Meinung im Fernsehen äußerte, kurz darauf gekündigt! Was ist das für eine Welt, in der Betriebsratskolleginnen und Kollegen dieses Betriebsrates auch noch, ohne mit der Wimper zu zucken, der Kündigung einstimmig zustimmen und ihn damit in den Albtraum Arbeitslosigkeit und den finanziellen Ruin schicken? Betriebsräte, die bei der Wahl ihrer Kolleginnen und Kollegen einen klaren Auftrag erteilt bekamen! Nämlich den, sich für die Rechte der Arbeitnehmer einzusetzen!
Nein! Diese Welt will ich mir gar nicht vorstellen, denn da kommt einem für die Zukunft das große Grauen! Meiner Meinung nach haben Betriebsräte, die einer Kündigung ihrer Kollegen zustimmen, das Recht, sich „Arbeitnehmervertreter“ zu nennen, verwirkt! Der einzige Weg, hier noch Charakter zu zeigen, ist der, sein Amt niederzulegen!
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