Leserbriefe

Vielleicht braucht es machtvolle Anstöße

Hartmut Gerhardt, Wolfschlugen. Zum Artikel „Die Zukunft war weiblich“ vom 8. Februar. Nikolai Forstbauer trifft mit seinem Leitartikel den Nagel punktgenau auf den Kopf. Er beschreibt die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt. Dieser fällt bei Schwierigkeiten in der Beschaffung von Arbeitskräften in fast allen Bereichen in alte Muster zurück: Männer zuerst, weil man glaubt, dass sie weniger Ausfallzeiten haben werden als Frauen. Da gibt es weniger Schwierigkeiten, es ist mit Männern eben einfacher – wie früher auch! Eine Ausnahme bildet der soziale Arbeitsbereich, in dem schon seit langer Zeit auf Frauen gesetzt wird. Forstbauer: „Öffentlichen Applaus für Mütter und Väter von Kleinsten, Kindergartenkindern und/oder Schulkindern hat es . . .  nicht gegeben . . .  mit Ausnahme eines Dankes der Kanzlerin.“ Siehe da: Gerade eine Frau bedankt sich bei Müttern und Vätern, die doch unsere Gesellschaft wesentlich mittragen.

Bleibt zu hoffen, dass auch der vor Kurzem gewählte Oberbürgermeister Nopper von der CDU seinen Spruch zum Wahlkampf „Schaffen statt gendern“ inzwischen überdenkt! Denn er trägt immerhin für Tausende von Beschäftigten, Männern und Frauen, in der Stuttgarter Verwaltung Verantwortung. Herr Nopper will doch für alle, Stuttgarter und Stuttgarterinnen, OB sein! Das ernst nehmen von Frauen drückt sich auch in unserer Sprache aus. Erst seit etwa 1950 ist wirklich stärkere Bewegung in die Gleichstellung von Frauen und Männern in unsere Gesellschaft gekommen.

Bis in die 1970er Jahre mussten Frauen ihre Ehemänner noch um Erlaubnis bitten, wenn sie außerhalb des Haushalts arbeiten wollten. Es ist inzwischen durch Untersuchungen wissenschaftlich erwiesen, dass Frauen zum Beispiel auch in Führungspositionen neben Männern durch ihre im Allgemeinen eher verbindlicheren, weniger konfrontativen, sogenannten „weiblichen“ Denkmuster zu vielfältigeren, ergebnisorientierten, aber auch ungewohnten, dann aber neuen Lösungswegen beitragen können.

Eingefahrene, lange Zeit gewohnte, auch bequeme Abläufe zugunsten neuerer, allerdings belegt hilfreicher Strukturen und Wege zu verlassen, bedarf wohl immer wieder eindringlicher, energischer und manchmal auch machtvoller Anstöße.

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