Eugen Wahl, Nürtingen. Zum Artikel „Dekan: Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich“ vom 25. Januar. Am vergangenen Mittwochabend erlebte ich im Rahmen der Nürtinger Vesperkirche einen der für mich inzwischen selten gewordenen Momente, wo ich auf meine Kirche stolz bin.
Der evangelische Wirtschafts- und Sozialpfarrer Karl-Ulrich Gscheidle gab in einem Einführungsreferat zu einer Diskussionsrunde mit Politikern aller Parteien einen fachlich fundierten Überblick über die „prekäre“ Situation in Deutschland. Da hat mich nichts mehr an die „wohltemperierte Mittelstandstheologie“ erinnert, die mich bei nicht wenigen Predigten und kirchlichen Verlautbarungen anödet. Da musste ich unwillkürlich an den Gottessohn Jesus denken, der in Nazareth als Zimmermann in die Lehre ging und anschließend dem Volk „zur Zeit oder Unzeit“ die Meinung darüber gesagt hat, dass „das Gesetz“ um des Menschen willen da sei – und nicht umgekehrt! Seine Gegner konnten diesen „Volksverderber“ aus Gründen der Staatsräson nur mit dem Tode bestrafen, Gott sei Dank war aber dieser Jesus und seine Sache dann doch nicht endgültig totzukriegen.
Wenn ich wie bei der Diskussion parteiübergreifend unwidersprochen zum x-ten Mal das „Mantra“ höre, die Reichen würden immer reicher und die Armen immer ärmer, frage ich mich, ob wir überhaupt erahnen, wie „prekär“ unsere Lage in diesem unserem Lande selbst in den Köpfen und Herzen schon sein muss. Wenn wie nach einem ehernen Naturgesetz Reiche immer reicher und Arme immer ärmer werden, dann stimmt die ganze Richtung nicht mehr! Dann ist das die Bankrotterklärung von politischer Gestaltungskraft genauso wie von einer Theologie, die sich, wenn sie sich nicht deutlich vernehmbar einmischt – und das wäre nicht das erste Mal –, selbst verleugnet. Früher wagte man in solchen Situationen noch, schlichtweg zur „Buße“, also Umkehr, aufzurufen. Dies galt aber bei Gott nicht nur für das fromme „Herzenskämmerlein“ oder den sakralen Bereich des Kirchenraumes – das war eine Sache des ganzen Volkes!
Der evangelische Dekan von Nürtingen weist aus gegebenem Anlass des Öfteren darauf hin, dass es die Vesperkirche eigentlich nicht geben dürfe, wären die Verhältnisse anders. Also, frisch ans Werk, die Damen und Herren aus Politik und Kirche, um die Vesperkirchen überflüssig zu machen! Das wäre doch gerade in diesem Wahljahr aller Mühe wert.
Leserbriefe | 28.06.2025 - 05:00
Enttäuscht vom AWB
Heinz-Rüdiger Haase, Großbettlingen.
In jüngster Vergangenheit ist über die chaotische Umstellung des neuen Entsorgers der Gelben Tonne ausgiebig berichtet worden. Meine Hoffnung war, dass damit die organisatorischen Probleme der Entsorgung durch die ...