Leserbriefe

Stuttgart 21

Jochen Findeisen, Schlaitdorf, Pressesprecher Attac Nürtingen. Die Würfel sind gefallen. Der politisch durch seine unglückliche Filbinger-Rede angeschlagene Ministerpräsident Oettinger glaubt, mit dem Prestigeobjekt Stuttgart 21 punkten zu können. Attac Nürtingen stellt verwundert fest: Ausgerechnet der Politiker, der, wenn es um Belange der Bevölkerungsmehrheit geht, gerne den Sparkommissar spielt, schenkt der Bahn 1,1 Milliarden Euro!

Die Finanzierung des Bahnbaus ist aber eine Aufgabe des Bundes. Sein Finanzminister Stratthaus erklärte auch folgerichtig, dass eben dann bei anderen Projekten gespart werden müsse. Dass Großprojekte für zahlungskräftige Kunden im Schienenverkehr Vorrang haben, das haben die kleinen Bahnkunden im Raum Nürtingen schon mit Einführung des Sommerfahrplanes erfahren müssen, als das Angebot der Bahn auf der Strecke nach Tübingen ausgedünnt wurde. Stattdessen werden mit dem Neubau der Strecke WendlingenUlm Millionen vergeudet! Ist es wirklich im öffentlichen Interesse geboten, für Menschen, die sich für bedeutender als andere hielten und die ihre Zeit für kostbarer hielten als die Zeit des Normalbürgers, um etwas mehr als zwanzig Minuten die Reisezeit StuttgartUlm zu verkürzen? Unvergessen sind die verwegenen Pläne des Ministerpräsidenten, auch mit Landesmitteln dem Markgrafen von Baden Kunstwerke abzukaufen, die dem Land bereits gehörten.

Attac sieht den Ministerpräsidenten als Gefangenen eines neoliberalen Politikverständnisses. Dieses ginge davon aus, dass, wenn der Reichtum der Reichen noch durch öffentliche Gelder vergrößert werden würde, auch für die weniger Reichen ein paar Brocken abfallen würden.

Wir von Attac finden es obszön, dass der Ministerpräsident seine Wähler mit Hunden gleichsetzt, die dankbar sein müssen für die Abfälle von der Herren Tisch. Die Betriebswirtschaftslehre ist die Bibel der Neoliberalen. Durch das Projekt NSI (Neue Steuerungsinstrumente) sollte die Landesverwaltung modisch auf Effizienz und Sparsamkeit getrimmt werden. Dieses Projekt ist gescheitert, weil es Unsinn ist, Instrumente, die der privaten Profitmaximierung dienen sollen, auf die andersartigen Aufgabenstellungen der Verwaltung zu übertragen.

Der Landesrechnungshof sowie jetzt auch ein Expertenteam, bestehend aus sechs namhaften Professoren aus Deutschland und der Schweiz, stellten fest, dass dem Land dadurch Einführungskosten in Höhe von 200 Millionen Euro und jährliche Betriebskosten in Höhe von 25 bis 30 Millionen Euro verloren gegangen sind.

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