Leserbriefe

Streik der Lokführer

Jan Bülow, Nürtingen. Die Lokführergewerkschaft GDL bestreikt zur Zeit massiv den Bahnverkehr. GDL-Chef Manfred Schell geht es vor allem um eine 30-prozentige Erhöhung des Lohns und um einen eigenständigen Tarifvertrag, losgelöst von den Zugbegleitern zum Beispiel. Dass sich der Gewerkschaftsführer kurz vor seiner Zurruhesetzung noch ein Denkmal setzen will, wurde schon hinlänglich in der Presse diskutiert. Was meiner Meinung nach in der Diskussion zu kurz kommt, sind jedoch die Ziele, für die die GDL streikt. Die Ausbildung zum Lokführer dauert drei Jahre. Zugbegleiter kann man nach zweieinhalbjähriger Ausbildung werden. Mindestvoraussetzung bei beiden Lehrberufen ist laut Bahn ein guter Real- oder ein sehr guter Hauptschulabschluss. Der von Herrn Schell angebrachte Vergleich mit den Piloten und Stewardessen hinkt angesichts der nahezu identischen Voraussetzungen gewaltig. Zudem ist der ständige Ruf nach Lohnerhöhungen eigentlich ein Relikt aus der Vergangenheit. Die Bahn strebt einen Börsengang an und alle Zeichen deuten darauf hin, dass sich das Unternehmen in Zukunft mit Mitkonkurrenten auseinandersetzen muss. So haben zum Beispiel vier Verkehrsunternehmen aus dem In- und Ausland Interesse bekundet, die S-Bahnen im VVS-Bereich ab Dezember 2013 zu betreiben. Ähnlich wie bei den ehemaligen Staatsunternehmen Telekom und Post wird dies aller Voraussicht nach mit Kostenreduktion und erheblichem Personalabbau bei der Bahn einhergehen. Statt sich für utopisch mehr Lohn einzusetzen, wäre es meiner Meinung nach sinnvoller gewesen, eine Beschäftigungsgarantie auszuhandeln. Oder jedem Mitarbeiter, sei er auch noch so unqualifiziert, entsprechende Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu garantieren, um gut gerüstet in die Zukunft schauen zu können. Ich befürchte, dass die Lokführer Gefahr laufen, zwar mit mehr Geld aus dem Konflikt zu gehen, dafür aber um das Fortbestehen ihres Arbeitsplatzes bangen müssen.

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