Leserbriefe

Sehr grenzwertige Argumentation

Hans Köhler, Wendlingen. Zum Artikel „Sollten junge Leute der Gesellschaft dienen müssen?“ vom 23. Juli.

Frau Gosson stellt in ihrer Kontra-Position zu einem möglichen sozialen Pflichtdienst infrage, ob es gerechtfertigt ist, die restlichen 90 Prozent der jungen Menschen, die noch nicht ein freiwilliges soziales Jahr ableisten, zu nötigen, ihre Lebenszeit wider Willen in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen.

Da fällt einem die Wortwahl schon unangenehm auf. „Nötigung“ ist im Strafrecht eine strafbare Handlung. Und es geht nicht um die Lebenszeit eines Menschen, sondern um einen kleinen Teil der Lebenszeit, nämlich um zwölf, maximal 18 Monate.

Frau Gosson macht dann in ihrem Text einen Gegenvorschlag und stellt sehr provozierend die Frage, ob die Altersjahrgänge ab 65 in ihrem bisherigen Leben schon genügend für das Allgemeinwohl getan haben.

Abgesehen davon, dass die ältere Generation durch Fleiß und Arbeit dafür gesorgt hat, dass wir heute in einem Wohlstand leben können, den man sich früher nicht hat vorstellen können, haben diese älteren Altersjahrgänge auch durch eine vielfältige und zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeit gewährleistet, dass Vereine aller Art, Musikschulen, Krankenpflegevereine und sonstige gemeinnützigen Institutionen im Dienst der Allgemeinheit haben funktionieren können.

Zahllos sind auch die Beispiele aus früherer Zeit, wo es noch eine Selbstverständlichkeit gewesen ist, seine Eltern oder Großeltern bis zu deren Tod in der Familie zu betreuen und zu versorgen.

Früher gab es die Wehrpflicht für die jungen Männer und wer diese nicht leisten wollte, musste einen zivilen Ersatzdienst leisten. Männer bis zum 50. Lebensjahr waren „feuerwehr-dienstpflichtig“. Wer nicht bei der Feuerwehr diente, bezahlte eine Feuerwehrabgabe.

Die Argumentation von Frau Gosson gegen einen sozialen Pflichtdienst ist total verkehrt und der Verweis auf die ältere Generation, die angeblich nicht genügend für die Allgemeinheit getan haben soll, völlig daneben.

Ich denke, dass den jungen Menschen, männlich und weiblich, ein sozialer Pflichtdienst durchaus zumutbar ist. Der Kollege von Frau Gosson, Matthäus Klemke, hat die Argumente dafür hervorragend benannt.

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dem Hinweis, dass der Satz, den John F. Kennedy als frisch vereidigter Präsident an den Schluss seiner ersten Rede setzte, immer noch gilt: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frage, was du für dein Land tun kannst.“

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