Leserbriefe

Plädoyer für den transparenten Staat

Jan Lüdtke-Reißmann, Nürtingen. Zum Artikel „Der Staat erfährt immer mehr von uns“ vom 1. Oktober. Es ist Peter Schaar hoch anzurechnen, wie er sich für einen besseren Datenschutz der Menschen in Deutschland einsetzt. Auf die Frage „Was fordern Sie?“ kommt die kurze und klare Antwort: „Es sollte zum Beispiel verboten werden, Persönlichkeitsprofile hinter dem Rücken der Betroffenen zu erstellen.“ An anderer Stelle, etwas später, erfährt man, dass der Staat neben den eigenen Daten auch Daten der Telekommunikation, aus Flugbuchungssystemen, von Kontobewegungen oder aus sozialen Netzwerken zusammenführt.

Das war für sich genommen ja nichts Neues. Leider unerwähnt lässt Herr Schaar, dass die EU mit dem Projekt „Indect“ (hier lohnt das Googeln) Forschung unterstützt, die genau diesen Bereich untersucht. Es sollen Profile von Menschen aus möglichst vielen Quellen erstellt werden können, mit einer automatischen Gesichtserkennung sollen Kameras selbständig Gesichter erkennen und verfolgen können, und als kleines Schmankerl obendrauf soll das System in der Lage sein, nicht normgerechtes Verhalten zu erkennen und automatisch Alarm zu schlagen.

Solche Projekte lehne ich als Mitglied der Piratenpartei vom Grunde meines Herzens her ab! Man fragt sich natürlich als Erstes: „Bin ich verdächtig?“ und „Warum macht der Staat so was?“ Ich sage, wir haben ein Recht auf unsere Privatsphäre, sie ist vom Staat und von Firmen oder Organisationen zu respektieren! Privates gehört geschützt.

Was wir brauchen, ist der transparente Staat! Informationen von öffentlichem Interesse müssen dauerhaft zugänglich sein. Bund, Land und Kommune müssen ihr Tun offenlegen und für jeden Bürger und Einwohner in seiner Gesamtheit nachvollziehbar machen. Datenschutz, wie ihn Herr Schaar beschreibt, bleibt leider ein Lippenbekenntnis und ein zahnloser Tiger.

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