Leserbriefe

Offener Dialog statt Ressentiments

Anja Liedermann, Neckartailfingen. Zu den Artikeln „230 Unterschriften gegen Unterbringung“ vom 27. September, „Diskussion um altes Schulhaus“ vom 28. September und zum Leserbrief „Flüchtlinge einen Bärendienst erwiesen“ vom 12. Oktober. In den Artikeln und dem Leserbrief wurden verschiedene Tatsachen der beantragten Einwohnerversammlung in Neckartailfingen falsch oder unvollständig dargestellt. Der Einwohnerantrag sollte nicht instrumentalisiert oder fremdenfeindlich ausgelegt werden, er wurde von den Initiatoren frei von jeglicher politischen Gesinnung gestellt. Die Bürger haben erst sehr spät über die Presse erfahren, dass die Gemeinde plant, im alten Schulhaus eine weitere Flüchtlingsunterkunft (mit circa zehn Personen) vorzusehen. Im Ortskern gibt es schon vier Unterkünfte.

Diesen wichtigen Einschnitt möchten die Bürger mitbestimmen und haben der Gemeinde in einem Einwohnerantrag „Fragen“ gestellt, die auf einer Einwohnerversammlung diskutiert werden müssen. 230 Bürger haben sich mit ihrer Unterschrift starkgemacht, um in einen offenen Dialog zu diesem Thema mit der Gemeinde und dem Bürgermeister zu gehen. Dahinter steht der Wunsch nach einem weitsichtigen und planvollen Vorgehen, dem Prüfen bestehender Alternativen, die Beantwortung offener Fragen und eine rechtzeitige Einbeziehung betroffener Anwohner. Die vorhandenen Ängste sollen ernst genommen und nicht beim Erfüllen von Zuweisungsquoten weggewischt werden. Nur im Dialog kann Integration gelingen.

Meiner Ansicht nach haben wir in unserer Gemeinde nicht nur die Verpflichtung Asylanten unterzubringen, wir haben auch die Verantwortung, sinnvolle Lösungen für Asylbewerber und Bewohner zu finden, die ein gemeinschaftliches Zusammenleben positiv und zumutbar für alle darstellen. Das ist auch eine Frage der sozialen Verantwortung. Auch sozial schwächere Familien, die im Ort genauso dringend Wohnraum benötigen, sollten bei dieser Diskussion nicht vergessen werden. Die Unterschriftensammlung wurde von mehreren Familien ins Rollen gebracht. Der Gemeinderat nimmt dieses Thema sehr ernst und ist zum Dialog bereit. Unsere Bitte ist, Neckartailfingen die Ruhe zu geben, diesen Dialog führen zu dürfen und nicht mit reißerischen Artikeln oder falsch verstandenen Leserbriefen zu torpedieren. Wenn wir diese demokratische Grundlage zum offenen und direkten Dialog in einem Ort von circa 3800 Einwohnern verlieren, sind Gerüchten, Halbwahrheiten und Ressentiments Tür und Tor geöffnet.

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