Leserbriefe

Muss erst etwas passieren?

Rosemarie Bauknecht, Nürtingen. Letzten Monat hat sich die SPD-Fraktion Zeit genommen und die Eltern des Kindergartens in der Rümelinstraße nach deren Sorgen befragt. Und Sorgen gibt es sicher viele. Die großen Sorgen sind offensichtlich, doch die Stadt und andere Verantwortliche schauen bedrückt weg. Da gibt es eine Ampel, die ist rechtlich vorgeschrieben, doch schützt sie die Kinder nicht bei den Fahrzeugen, die sehr oft bei Rot noch drüberfahren. Da gibt es ein Tempo-40-Schild, doch keiner fährt Tempo 40. Da gibt es vier- und fünfachsige Lkw, die zum Teil auf die Gehwege fahren, um aneinander vorbeizukommen.

In einem offenen Brief mit den klaren Worten Muss hier erst ein Kind ums Leben kommen, bis etwas passiert? hat sich die SPD-Fraktion an den Oberbürgermeister und somit auch an die Stadt gewandt. Es ist lobenswert, wenn eine Fraktion auf die Menschen zugeht und nicht wartet, bis die Warnsignale der Zeit von der Realität eingeholt werden. Desgleichen haben die Jungen Bürger schon die Forderung nach Tempo 30 vor Kindergärten gestellt, so wie es nun mal viele Kommunen sehen.

Die Stadt mag die Situation als überzogen abwerten, weil man die Wahrheit nicht sehen möchte. Doch wenn sich der Oberbürgermeister etwas mehr Zeit nehmen würde, kämen ihm, der Stadt und auch anderen Verantwortungsträgern langsam Bedenken in der Frage, wer die Verantwortung tragen wird, wenn das passieren wird, was heute schon absehbar ist. Wie in einem Kasperle-Theater ruft jedesmal der Oberbürgermeister das Ordnungsamt, das Ordnungsamt beruft sich auf die Polizei und die Polizei beruft sich auf die Straßenverkehrsordnung. Danach wird eine Erhebung zur Chefsache ausgesprochen, und nach mehrmonatiger Vertagung bleibt alles beim Alten. Sooft man auch nachfragt, fällt die Bemerkung: Es muss erst etwas passieren, ansonsten besteht keine Notwendigkeit, als handle es sich um einen Blechschaden. So kann und darf verantwortungsvolle Politik nicht aussehen.

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