Leserbriefe

Mediationsangebot an die Bürgerschaft

Peter Liewald, NT-Raidwangen. Zum Artikel „Die Karten werden neu gemischt“ vom 24. Februar. Die juristische Finte des OBs, den Beschluss für einen Hotelbau am Neckarufer durch Gemeinderatsbeschluss wieder aufzuheben, ist leicht durchschaubar und umso unerträglicher. Denn genau gegen diesen Beschluss – den Verkauf eines bisher öffentlichen Grundstücks an einen Privatinvestor – hatte sich das Bürgerbegehren gewendet. Nun sind die Unterschriften wohl Makulatur, weil die Mehrheit des Stadtrats ihren eigenen Beschluss wieder einkassiert hat. So oft schon, viel zu unkritisch geleitet von den Irrungen und Wirrungen des Stadtoberhaupts.

Das neue Angebot an die Bürgerschaft, das geplante Projekt noch einmal über eine Mediation zu verhandeln, ist ein verspäteter Faschingswitz. Worüber denn verhandeln, wenn als Maßgabe der Mediation der Hotelbau vorausgesetzt wird? Festgelegt. Nur mit Hotel. Was soll da noch verhandelbar sein? Unglaublich, zu welchen Seitensprüngen sich dieser Oberbürgermeister in seinen letzten Amtsjahren ermächtigt. Und wie herrschaftshörig ihm die Mehrheit im Stadtrat folgt.

Nehmen wir mal sein Hauptargument: Nürtingen brauche dringend Hotelplätze. An diesem sehenswerten Ort am Neckarufer. Dafür hat er nie belastbare Zahlen angeführt. Tatsächlich liegt der Belegungsschnitt hiesiger Hotels laut Statistischem Landesamt vor Ort unter 50 Prozent übers Jahr. Und weil er immer behauptete, dass während der Messezeiten in Nürtingen Bettennot herrschte, testete ich das mal vor zwei Wochen anlässlich der gut besuchten Intergastra-Messe auf den Fildern. Zimmersuche in Nürtingen über Internet. Ergebnis: Ich hätte noch gut zwei Fußball-Mannschaften direkt in Nürtingen unterbringen können. Selbst am Messe-Samstag. Mitnichten eine Bettenarmut für Touristen. Im Gegenteil – das Hotelgewerbe kannibalisiert sich eher durch Überkapazitäten.

Seit 2000 ist das Bettenangebot in der Region um 90 Prozent gestiegen; dazu kommen zunehmend die Angebote von Airbnb. Was wir in Nürtingen – und nicht nur hier – wirklich brauchen, sind Wohnungsangebote, nicht Bettenburgen. Und nichts wird besser durch diese pseudodemokratische Mediation, die bei genauerem Hinsehen nur ein Taschenspielertrick ist, weil es ja substanziell kaum etwas zu verhandeln gibt. Das Hotel ist gesetzt und damit der Verkauf öffentlichen Eigentums. Diese Brache könnte für eine ganz eigenwüchsige kommunale Planung bebaut werden. Mehr Wohnraum, statt private Hotelbetten und im Zusammenspiel mit der Kunstakademie ein Mehr an Ausstellungs- und Veranstaltungsorten. Eben eine kluge Kombination mit viel Platz neckarwärts, um im Biergarten mal der Stadt ein Prosit zukommen zu lassen.

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