Leserbriefe

Leckeres Schnitzel und hässliche Realität

Udomar Rall, Nürtingen. Zum Artikel „Tierschützer aus Verzweiflung“ vom 2. Januar. Plötzlich ist das Entsetzen wieder einmal riesig. Im Fernsehen liefen Videos von grausamen Tierquälereien in der Tierhaltung und in Schlachthöfen. Aufgedeckt werden die massenhaften Missstände aber nicht etwa durch die zuständigen Behörden, sondern durch private Tierschützer, die kein geringes Risiko eingehen, dafür auch noch bestraft zu werden. Auch massive Bedrohung ist nicht selten.

Die Entrüstung seitens der Behörden und der Öffentlichkeit ist berechtigt. Aber eigentlich wollen sie ja alle gar nichts davon wissen. Das Geschäft soll laufen und die Verbraucher verdrängen die extrem unappetitlichen Bilder. Seit etlichen Jahrzehnten herrscht ein System der Vertuschung und Unterdrückung in Agrarministerien, bei Veterinären und Landratsämtern. Kritik von einzelnen Veterinären führte dazu, dass sie gemobbt, bedroht oder versetzt wurden. In manchen Gerichtsurteilen werden die Täter freigesprochen, dagegen gibt es Verfahren gegen Tierschützer. Die sehen oft keine andere Möglichkeit, an Aufnahmen zu kommen, als unerlaubt fremdes Gelände zu betreten.

Wenn die Menschen es ernst meinten mit dem Tierschutz, würden sie nicht massenhaft Billigfleisch, Billigeier und so weiter kaufen, sondern ihren Fleisch- und Eierverbrauch halbieren, dafür Bioqualität kaufen oder, wie viele andere, ganz auf pflanzliche Produkte umsteigen. Das wäre dringend notwendig für den Klimaschutz, den Tierschutz, die Artenvielfalt und nicht zuletzt für die eigene Gesundheit. Es ist keine Frage des Geldes, sondern des Bewusstseins.

Corona ist übrigens ebenfalls ein Ergebnis von Tiermissbrauch, wie alle großen Epidemien seit der „spanischen“ Grippe.

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