Leserbriefe

Kein Verständnis für Schließungen

Reinmar Wipper, Nürtingen. Zehn Quadratmeter also. Drei auf drei, um den einzelnen Supermarktkunden herum. Macht drei Meter Abstand zum nächsten. Vielleicht machbar, aber kaum zu kontrollieren. Und im Falle von Unterschreitung oder Weigerung kaum zu ahnden, weil es nicht strafbewehrt ist.

Anders in meinem Trainingscenter. Maximal 850 Tagesgäste (Spitzenwert), jeder etwa zwei Stunden da. Verteilt auf 18 Stunden pro Tag. Also selten mehr als 100 Gäste gleichzeitig. (Heute, mitten am Tag, waren mit mir höchstens 50 Damen und Herren im Training.) Und die verteilen sich weit auf 1200 Quadratmetern Trainingsfläche. Die Trainierenden selbst bewegen sich kaum vom Fleck, sie bleiben auf und an ihren Geräten, die nach Gebrauch desinfiziert werden, viele Kunden tragen Handschuhe. Ihre Distanzen sind stabil. Alle zehn Meter hängen Desinfektionsflaschen, es wird laufend gelüftet. Die Leute arbeiten sich durch ihr Pensum, Körper bedeckt, ohne zu spucken, zu rotzeln oder zu husten (denn dann blieben sie zu Hause). Und sie sagen „Hallo“ oder „Fertig“ oder „Heute läuft’s ganz gut“.

Von so viel Distanz, Hygiene und Vorsorge kann der Handel, können Busse, Bahnen, Schulklassen und Kindergärten allenfalls träumen. Trotzdem haben Handel, Busse, Bahnen, Schulklassen und Kindergärten vollen Betrieb. Während mein Trainingscenter dichtmachen muss. Obwohl sein Anteil an der Infektions-Katastrophe – und der vieler ähnlicher Einrichtungen – nachweislich gleich null ist!

Wohlgemerkt: Wir Sportler sind traurig, aber wir nehmen die hilflosen Maßnahmen vorerst hin. Aus Solidarität mit der Gesellschaft. Aber nicht aus Hörigkeit gegenüber konzeptionslosen Politikern. Schuld an der Misere ist ein kleiner Teil der Gesellschaft, der die Krise arrogant leugnet. Um diesen Leuten das dümmliche Handwerk zu legen, straft die Regierung alle ab. Gott sei Dank regt sich Widerstand aus den Parlamenten selbst gegen solche Notstandsgesetzgebung, die seit einem halben Jahr den Ereignissen hinterherhinkt.

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