Leserbriefe

Kein Konzept für „Stadt am Fluss“

Michael Maile, Nürtingen. Bei der aktuellen Diskussion der Planung des Neckarufers gewinnt man den Eindruck, also ob es nur um eine zu hohe Wohnbebauung geht oder um die Besitzstandwahrung der FKN, die den Interessen eines Investors im Wege steht. Das eigentliche Problem gerät dabei leider aus dem Blickfeld: es fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept der Gestaltung und Bebauung der Uferzone für den Bereich von der Wörth-Brücke bis zum Übergang bei der Neckarrealschule. Es gibt keinen Plan für die eigentliche Herausforderung, nämlich die unterschiedlichen Nutzungen Wohnen, Arbeiten und Freizeit aufeinander abzustimmen. Es fehlt ein Leitgedanke, wie das öffentliche Interesse an der Nutzung von attraktiven Uferzonen und das Interesse, dort zu wohnen oder ein Unternehmen anzusiedeln, aufeinander abzustimmen sind.

Dieser Bereich könnte von hoher Aufenthaltsattraktivität und Wohnqualität sein, der auch von den Blickbeziehungen auf die andere Uferseite lebt und die historische Schauseite der Stadt mit dem Blick des 21. Jahrhunderts interpretiert. Die bisherige, auf den Einzelfall bezogene, Herangehensweise hat diese Möglichkeiten noch in keinen Zusammenhang gebracht. Es fehlt die übergeordnete Idee, wie dieser Bereich zukünftig Teil der Stadt sein könnte. Die Überschrift „Stadt am Fluss“ ist eine leere Worthülse, die auch leer bleiben wird, wenn die FKN dort verbleibt oder ein Neckarwiesle geschaffen wird. Es fehlt ein übergreifender Masterplan der Stadtverwaltung mit klaren Festlegungen der städtebaulichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen. Dieser Plan wäre die „Leitplanke“ für eine offene Diskussion mit Bürgern und Experten über wünschenswerte und notwendige Nutzungen und Qualitäten, deren Finanzierung und mögliche Formen der Umsetzung in einzelnen Schritten.

Eine Diskussion über einzelne Maßnahmen wäre dann produktiv, wenn sich alle Argumente und Vorschläge gegenüber drei Fragen behaupten müssen: Ist der eingebrachte Vorschlag sinnvoll innerhalb des Gesamtnutzungskonzeptes? Ist er finanzierbar und ohne die Erhöhung städtischer Zuschüsse möglich? Ist er wünschenswert für die Bewohner, Unternehmen und Besucher der Stadt? In diesem Sinne kann ein Baustopp ein sinnvolles Innehalten ermöglichen – aber nur dann, wenn die Stadt einen übergeordneten Rahmenplan mit klaren Eckpunkten erstellt und offen kommuniziert, innerhalb dessen Bürger und Experten ihre Vorschläge einbringen und diskutieren können. Eine professionelle, unabhängige Moderation dieses Prozesses könnte innerhalb von drei Monaten klären, ob die bisher diskutierten Vorschläge sinnvoll und wünschenswert sind und weiterverfolgt werden sollen. Damit die Diskussion offen bleibt, sollte man sich von „historisch“ begründeten Verortungsrechten dort lösen.

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