Leserbriefe

Jeder soll selbst bestimmen können

Eberhard Ellwanger, NT- Reudern. Das Urteil zum Recht auf Selbsttötung hat zum Teil Bestürzung ausgelöst. Erleichterung jedoch bei denen, die um ihr Recht auf Selbstbestimmung gekämpft haben. Weil sie nicht ersticken wollten, oder die Schmerztherapie nicht helfen konnte. Erleichterung darüber, weil nun fremde Menschen nicht mehr verfügen können, dass man gefälligst sein Lebensende zu ertragen hat. Auch Christen müssen kein unerträgliches Leid auf sich nehmen, weil dies Jesus getan hat. Ich glaube nicht an einen Gott, der so etwas von uns verlangt!

Ich selbst bin Hospizbegleiter und weiß, dass zu einem sehr hohen Prozentsatz das Lebensende schmerzfrei und sehr wertvoll sein kann. Sterbende, Angehörige und Begleitende erzählen davon in Geschichten, die etwas vom Sinn des Lebens spüren lassen. Wenige Menschen wollen ihr Leben aktiv verkürzen, aber die, die es wollen, fordern dies meiner Meinung nach zu Recht ein. Wenn über dieses Thema diskutiert wird, empfinde ich Vergleiche mit den Verbrechen der Nazis als groben Unfug! Zur Einschätzung der Sterbehilfe gehört auch, dass die meisten Menschen, die im Ausland die Erlaubnis dazu bekommen haben, diese gar nicht in Anspruch nehmen. Allein die Zusage ist oft schon so beruhigend, dass diese nur zu einem geringen Teil wahrgenommen wird.

Was den Druck auf Ärzte betrifft: auch in Zukunft wird kein Arzt gezwungen, Sterbehilfe zu leisten. Druck, der eventuell auf Sterbenskranke ausgeübt werden könnte, soll durch Gesetze verhindert werden (Nachweis einer Gewissensentscheidung und so weiter). Wir können ja erst mal darauf vertrauen, dass eine gute Regelung gelingt und müssen nicht reflexartig den Untergang unserer Werte beweinen. Nicht das Bundesverfassungsgericht gefährdet den menschlichen Umgang mit Sterbenden, sondern diejenigen, die Zwang ausüben. Der Zwang, bis zum bitteren Ende leben zu müssen oder der Versuch, Sterbenskranke zum Suizid zu überreden. Beides zeugt von enormer Lieblosigkeit und von der weit verbreiteten Unart, über andere Menschen bestimmen zu wollen.

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