Leserbriefe

Hirnrissige NATO-Politik

Johannes Heimann, Nürtingen. Zum Artikel „Die NATO ist quicklebendig“ vom 15. Juni. Markus Grabitz bezeichnet die NATO als „quicklebendig“. 2019 hatte der französische Präsident Macron gesagt, die NATO sei „hirntot“. Ich würde sagen: Schlimmer – sie ist hirnrissig.

1989 hatte man im Rahmen der 4plus2-Gespräche dem damaligen sowjetischen Präsidenten Gorbatschow versprochen, die NATO nicht weiter nach Osten zu erweitern, falls er dem zustimme, dass das Gebiet der ehemaligen DDR dann zur NATO gehöre. Seitdem wurde dieses Versprechen mit der Aufnahme von dreizehn Ländern dreizehnmal gebrochen!

Auf Betreiben der USA sollten auch die Ukraine in die NATO aufgenommen und – „China im Blick“ – weitere zentralasiatische Staaten assoziiert werden. Diese Strategie als „defensiv“ zu bezeichnen – wie jüngst wieder einmal NATO-Generalsekretär Stoltenberg – ist dreist. Um die Provokation noch zu steigern, nahmen 2021 am letzten NATO-Manöver auch ukrainische Truppen teil.

Was verbindet uns mit der Ukraine? Ist sie plötzlich ein urdemokratischer Staat? Wäre nicht ihre NATO-Aufnahme eine weitere Provokation Russlands?

Dies bedenkend, hat Bundeskanzlerin Merkel genau das mit der ihr eigenen Schläue Jahr für Jahr verhindert – ihr größter außenpolitischer Erfolg. Alle amerikanischen Präsidenten scheiterten an ihrem „Ja, aber . . .“. Es ist zu bezweifeln, dass ihr(e) Nachfolger(in) ebenso schlau ist. Dass Russland sich durch die NATO-Strategie eingekesselt fühlen musste, liegt auf der Hand. Jeder russische Präsident – unabhängig von seiner politischen Ausrichtung – hätte die Krim mit dem Militärhafen Sewastopol auf die eine oder andere Art unter Kontrolle gebracht – NATO-Schiffe auch im Schwarzen Meer wären unerträglich. Ob die Krim völkerrechtswidrig annektiert wurde, ist unter Fachleuten umstritten.

Dass alle Kriege der USA im Nahen Osten völkerrechtswidrig sind und mit Lügen begründet wurden, steht außer Frage. Seitdem es Menschen gibt, starben dreimal so viele an Epidemien als an Kriegen. Corona und ein dysfunktionaler Staat namens USA führen uns das gerade vor Augen.

Aber statt uns national und international auf das Gesundheitssystem zu konzentrieren, statt mit Russland wissenschaftlich zusammenzuarbeiten und – was humanitär dringlich wäre – medizinische Hilfe zu schicken, schreit AKK, die uns – gegen was? gegen den Einsatz der Vernunft? gegen christliche Werte? – verteidigt, nach Waffen. Noch effektiveren. Perverse Welt: nur zwei Seiten weiter steht in der Nürtinger Zeitung, dass die Zahl der einsatzbereiten atomaren Sprengköpfe wieder zunimmt. Von Waffenexporten in Drittländer ganz zu schweigen.

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