Leserbriefe

Hält die Partei keinen Querdenker aus?

Rolf Weber, NT-Neckarhausen. Zum Artikel „Landesvorstand legt Palmer den Austritt nahe“ vom 9.Mai. Die Zuspitzung des Themas in der vorgebrachten Form durch Boris Palmer halte ich für unangebracht. Genauso unangebracht ist die Reaktion der Grünen Basis und Spitze. Allzu gerne schwingt man sich zum Hüter der scheinbar wahrhaften Werte und Moral auf; und nährt Assoziationen, die man gemeinhin mit Großinquisitoren und ihrem Anhang verknüpft.

Mir fehlt von beiden Seiten eine sachliche Auseinandersetzung in der nötigen Tiefe. In Deutschland konnten bisher alle schwerst Erkrankten in den Intensivstationen behandelt werden. Gottseidank! Andere Länder sind nicht in der gleichen glücklichen Situation. Deren Ärzte mussten Triage-Entscheidungen treffen, das heißt Patienten mit erheblichen Vorerkrankungen (Lunge, Herz . . . ) und/oder fortgeschrittenem Alter wurden nicht sofort oder gar nicht mehr behandelt. Was wäre, wenn das deutsche Gesundheitssystem in die gleiche Situation kommen würde, weil sich die Corona-Pandemie nicht erwartungsgemäß (zurück-)entwickelt? Ganz schnell müsste sich unsere Gesellschaft (unter anderem der Deutsche Ethikrat) mit hoch ethischen Fragen beschäftigen; auch für die Palmer jetzt angefeindet wird.

Der unsouveräne Umgang der Grünen mit ihrem Querdenker zeigt wieder einmal, wie weit man sich zwischenzeitlich von der offenen Meinungs- und Diskussionskultur der Gründerjahre entfernt hat. So verhinderte die „Regie“ des letzten Parteitags die Diskussion/Abstimmung über einen Antrag, die Erstattung von Alternativmedizin/Homöopathika durch Krankenkassen zu beenden. Stattdessen wurde das Thema an eine „Kommission“ weitergereicht, die sich zwei Monate später ohne Befassung wieder auflöste. Dem Ziel, demnächst den Kanzler und mehr durch die beiden Co-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock stellen zu können, wird alles untergeordnet. In Corona-Zeiten haben die Wähler zwischenzeitlich andere Prioritäten gesetzt: Die Grünen und ihre beiden Politiknovizen haben merklich an Zuspruch verloren.

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