Leserbriefe

Grüne Verkehrspolitik – ein Trauerspiel

Dietmar Schaich, Frickenhausen.

Nachdem ich im März dieses Jahres auf die nach wie vor bestehenden Missstände unseres Nahverkehrs, vor allem des Schienenverkehrs, aufmerksam gemacht hatte, erlaube ich mir erneut darauf hinzuweisen. Entgegen der Hoffnung vieler Pendler ist unser öffentlicher Schienennahverkehr leider zwischenzeitlich noch schlechter geworden. Das heißt, es kann vorkommen, dass wir an allen fünf Arbeitstagen keinen Anschluss in Nürtingen mehr erhalten. Vielleicht war dies mal eine besondere Woche, aber durchschnittlich so einmal die Woche den Anschluss verpassen ist mittlerweile normal.

Neben den Zugausfällen und Unpünktlichkeiten konnten wir aber feststellen, dass es bei unseren Verkehrsunternehmen offensichtlich kein Corona mehr gibt, denn wie kann es anders sein, dass wir uns manchmal wie in einem Viehwaggon vorkommen. Fast sämtliche Sitzplätze sind belegt und im Gang stehen die Fahrgäste gefühlt wie in einer „Konservenbüchse“. Im Gegensatz zum Tiertransport ist für uns Menschen jedoch kein Mindestplatzbedarf vorgeschrieben, wodurch es auch möglich war, die bereits eine halbe Stunde auf die Abfahrt wartenden Fahrgäste eines sogenannten „Langzuges“ in einen sogenannten „Kurzzug“ hineinzu„pferchen“.

Zudem stellt sich nach wie vor die Frage nach der Qualität und ausreichenden Kapazität dieser von unserem Verkehrsministerium bestellten Züge, nachdem bereits die ersten Türen defekt sind, wodurch Fahrgäste gezwungen werden, erst am nächsten Bahnhof auszusteigen. Unabhängig von den Bahnsteigproblemen sind die Züge nur pseudobehindertengerecht, da die Mittelgänge mit Stufen versehen sind und zudem auch zu schmal sind für einen Rolli beziehungsweise Kinderwagen. Wir hatten mal Doppelstockwagen, die waren mit Sicherheit nicht schlechter und hatten mehr Sitzplatzkapazitäten. Grundsätzlich müssen die Deutsche Bahn und ihre Mitbewerber eigentlich froh sein, dass es aufgrund der Pandemie weniger Fahrgäste waren und noch sind.

Entschuldigung, aber mir scheint daneben der neue Vorschlag unseres Verkehrsministers geradezu als Hohn, zukünftig jedes kleinste Dorf im Halbstundentakt in den öffentlichen Nahverkehr einzubinden. Bevor dann diese Herausforderung angegangen wird, wäre es dringend erforderlich, den bestehenden öffentlichen Nahverkehr verlässlicher werden zu lassen und nicht immer neue leere Versprechungen in die Welt zu setzen, wie zum Beispiel sein letzter Vorschlag, dass alle über 65-Jährigen den Führerschein gegen ein Jahresticket abgeben sollen. In der aktuellen Situation undenkbar!

Nachdem Abellio nun Insolvenz anmelden musste, halte ich diesen Wettbewerber für ein Opfer des Systems, denn wenn man es genau nimmt, hatte die Gesellschaft eigentlich von Anfang an keine Chance. Die Schienen gehören der DB Netze und die Züge dem Land Baden-Württemberg und dazu noch ein unfähiges Verkehrsministerium.

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