Leserbriefe

Griechenland die Kante zeigen

Reiner Essl, Nürtingen. Zum Artikel „Euro-Gipfel will Griechenland mit 109 Milliarden Euro retten“ vom 22. Juli. Es muss unseren ehemaligen Politikern Kohl, Waigel, Eichel und Fachleuten heute schaudern, wie sie den Euro in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchgepeitscht hatten. Obwohl die Mehrheit der Bundesbürger mit großer Sorge die Abschaffung der D-Mark beobachtete, haben sie die Zäsur wie eine Naturkatastrophe ertragen. Der suggerierte Traum von den vereinigten Staaten von Europa hat die Bedenken weggespült.

Es war 1997, als ich meine Gedanken über eine Europawährung in einem Leserbrief öffentlich machte. – Teilinhalt: „Um den Maastrichtkriterien zu entsprechen, werden Zahlen geschönt und Wachstumsraten manipuliert. Nun soll der Euro kommen, der in der Stabilität so stark ist wie Peseta, Lira, Franc et cetera. Ein Inflationsschub wird die Folge sein, der bei 30 Prozent liegen kann. Sollte Europa an einem stabilen Euro interessiert sein, sollte jedes Land zuerst seine Hausaufgaben machen. Der Euro muss auf einem Fundament stehen, das gleichwertige Partner erstellt haben, die sich wirtschaftlich ergänzen!“

Es war ein Leichtsinn, dass man alle Länder nicht einem Audit auf Wirtschaftlichkeit unterzogen hat. Es wäre nicht schwer gewesen, zu erfahren, dass zum Beispiel Griechenland mehr ausgegeben hat, als es sich erarbeitete. Aus diesem Grund werden die Kredite für die Funktion des Staates benötigt und aufgebraucht werden. Griechenland fehlt zurzeit eine Wirtschaftsstruktur zum Überleben, diese zu schaffen, ist es für eine mittelfristige Lösung zu spät. Die Eurokrise wird Europa noch viele Milliarden kosten. Im Extrem werden die Garantien für den Rettungsschirm alleine von Deutschland in etwa so hoch sein wie die Einnahmen von Steuern und die Kreditaufnahmen für das Jahr 2011.

Der Euphorie sind Ängste gefolgt, denn es geht um den Euro und das Bestehen des Europagedankens. Dieser Gedanke gipfelt in dem Wohlergehen aller Europäer im Euroland. Da helfen keine Schimpftiraden der Griechen auf Deutschland, zu lange wurde eine Misswirtschaft betrieben. Sie müssen erkennen, dass es für die Eurogemeinschaft nicht leicht ist, eine Lösung ohne Schmerzen für sie zu finden, jedoch muss Griechenland in der Gemeinschaft bleiben.

Die Politiker und Sachverständigen werden Griechenland eine klare Kante zeigen müssen, denn nach dem zweiten Hilfspaket kann ein drittes folgen. Eines ist gewiss: sollten die Schulden im Euroland dauerhaft sozialisiert werden, wird es schwer sein, einigen Ländern nahezubringen, dass nur die eigene Leistung ein Überleben garantiert, zumal eine finanzielle Hilfe bei der Euroeinführung ausgeschlossen und festgeschrieben wurde.

Zur Startseite