Leserbriefe

Familiennachzug von Flüchtlingen

Joachim Panzer, Erkenbrechtsweiler. Zum Artikel „Kritik an Seehofers Gesetzentwurf“ vom 5. April. Eine objektive Berichterstattung zu gewährleisten, scheint in der heutigen aufgeregten Medienlandschaft vor dem Hintergrund komplexer gesellschaftlicher Zusammenhänge schwierig zu sein. Eine unbeabsichtigte Unterlassung von Informationen könnte zudem beim interessierten Leser den Eindruck erwecken, man versuche den Argumenten einer rechten Leserklientel aus dem Wege zu gehen. Tatsächlich sind die Verhältnisse um den Familiennachzug von Flüchtlingen mit subsidiärem Schutzstatus wesentlich komplizierter als in dem Artikel und allgemein in der Öffentlichkeit dargestellt. Auch manchem Volksvertreter scheint die Komplexität der zu regelnden Rechtszustände nicht bewusst zu sein.

Wie geht die Bundesregierung mit den circa 370 000 Verwaltungsgerichtsklagen von Flüchtlingen um? Viele Flüchtlinge dürften gerade wegen ihres subsidiären Schutzstatus’ ein Verwaltungsgericht angerufen haben. Welchen Status erhalten subsidiär geschützte Flüchtlinge, denen eine Familienzusammenführung mit Inkrafttreten einer neuen gesetzlichen Regelung ab 1. August 2018 gestattet wird? In der momentanen Berichterstattung spielt die Tatsache kaum eine Rolle, dass bei Flüchtlingen, denen eine Asylerlaubnis zugesprochen wurde, bereits heute, gemäß Aufenthaltsgesetz Paragraf 29 (2), ein sogenannter privilegierter Familiennachzug möglich ist. Privilegierter Familiennachzug heißt, es dürfen minderjährige Kinder und Ehepartner nachgeholt werden, ohne dass ein Nachweis von gesichertem Lebensunterhalt und ausreichendem Wohnraum notwendig ist. Es darf bezweifelt werden, dass sich dieser Familiennachzug zahlenmäßig in der im Koalitionsvertrag festgelegten Obergrenze von 180 000 bis 220 000 Zuwanderern pro Jahr widerspiegelt.

Anstatt die Frage zu stellen, ob der Islam zu Deutschland gehört oder nicht, sollte man sich wirklich um die Fakten kümmern und nach einer angemessenen humanitären Lösung suchen.

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