Leserbriefe

Eine Milliarde Euro für Notre-Dame

Raul Guerreiro, Nürtingen. Notre-Dame liegt in einer Intensivstation. Als wäre es ein feierliches Event, erklärte schnell, pompös und laut die Politik: „Wir werden alles restaurieren!“. Die prompte Reaktion kam aber nicht von der Kirchengemeinde selbst, sondern von Millionärsfamilien. Sie kämpften um die PR- und Prestigemedaille „Wer kann mehr geben“. Die Spendensumme liegt zurzeit bei einer Milliarde Euro. Monsieur Macron möchte das Werk (dessen Errichtung zwei Jahrhunderte dauerte) in fünf Jahren wieder aufbauen. Monsieur Trump, Monsieur Putin und Madame Merkel möchten ihr nationales Know-how zur Verfügung stellen.

Bravo und Amen, Technik! Warum wurde aber dieses Gebäude überhaupt errichtet? Genannt wurde es „Kathedrale unserer lieben Frau”. Die größte Lobintention richtet sich aber natürlich nicht an die „Frau“, sondern an ihren Sohn, der vor mehr als zwei Jahrtausenden im Mittleren Orient geboren wurde. Noch tiefer betrachtet, geht es aber wiederum nicht um diesen Wundermenschen aus Palästina, sondern um ein immaterielles Wesen, welches zur Osterzeit die ganze Menschheit und die Erde erfasste.

Damals war die Lage der Menschheit so fatal in den tiefsten Materialismus gefallen, dass seine Botschaft und Wirkung total missverstanden und verhasst wurde. Erst Jahrhunderte später wurde sein zivilisatorischer Impuls in Europa verstanden und aufgenommen und später weltweit verstreut. Millennium nach Millennium hat dieses immaterielle Wesen allerlei Gegner konfrontiert und überwunden. Heute liegt unsere Zivilisation, dominiert von einer brutalen technologischen Besessenheit (die letzten Schreie sind „5G“ und „AI“), wieder in den krassesten Materialismus versunken. So darf man die Flammen von Paris nicht als ein individuelles französisches Nationaldrama, sondern als ein weltgültiges Warnsignal betrachten. Was damals in Palästina als Mysterium vom Golgatha geschah, kann nicht verbrennen, braucht keine Spendengelder und auch keinen Wiederaufbau. Es ist ewig präsent, kann aber in Abneigung und Vergessenheit geraten.

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