Leserbriefe

Ein Politiker mit Stehvermögen

Eva Böttigheimer, Neuffen. Zum Artikel „Wir sind zu sehr verfangen in Kriegslogik“ vom 30. Juli.

Erfreut habe ich das Interview mit Winfried Hermann gelesen, der sich gegen weitere deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine stellt und zu diplomatischen Initiativen aufruft. Im Gegensatz zu Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckhardt, die nicht einmal mehr zu wissen scheinen, dass die Grünen ehemals eine antimilitaristische und pazifistische Haltung vertraten, bleibt er bei dieser Position. Dass der Angriff Russlands durch nichts zu rechtfertigen ist, bekräftigt er. Allerdings gibt Hermann auch zu bedenken, dass nicht nur Russland zum Beispiel Tschetschenien und Georgien völkerrechtswidrig angegriffen hat, sondern dass die NATO und die USA ebenfalls ohne UNO-Mandat „im Irak und in Afghanistan Kriege aus imperialistischen Interessen geführt haben“.

Die Führung der USA wusste, dass es im Irak gar keine Giftgasfabriken gab, Colin Powell entschuldigte sich vor seinem Tod noch für seine bewusste Falschaussage. Von den 19 Attentätern des 11. September kamen 15 aus Saudi-Arabien. Trotzdem war dies der Anlass, um Afghanistan anzugreifen. „Die NATO und die USA setzen auf Stärke und Expansion des Einflussbereiches.“ Es geht bei dem Krieg in der Ukraine vor allem um geopolitische Interessen. Seit der Gründung der UNO gilt ein weltweites Kriegsverbot, für das es nur zwei Ausnahmen gibt: die Selbstverteidigung und einen Krieg mit einem UNO-Mandat. Die Vereinten Nationen müssten sich jetzt engagieren und versuchen China und Indien mit ins Boot zu holen, um Russland unter verstärkten wirtschaftlichen Druck zu setzen, um so vielleicht die Voraussetzung für Verhandlungen zu schaffen. Sicherlich sollte man auch Wolodymyr Selenskyj zur Mäßigung auffordern. Immer mehr Waffenlieferungen werden den Krieg verlängern, statt ihn zu beenden und noch mehr Leid über die ukrainische Bevölkerung bringen. Vielleicht müsste Hermann seine Stimme lauter erheben?

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