Leserbriefe

Donald Trump will nur ablenken

Dr. Johannes Heimann, Nürtingen. Zum Artikel „Vergeltung“ vom 9. Januar. Der „Kommentar“ zum Iran von Martin Gehlen bedarf einiger Erläuterungen: „Das Mullah-Regime zündet die nächste Eskalationsstufe“. Tatsache ist, dass die USA zwei Tage zuvor den zweiten Mann Irans ermordet haben. Wenn Trump am Tag darauf öffentlich verkündet, man wolle ja keinen Krieg, so ist das Heuchelei. Hätten die USA nicht das Atomabkommen gebrochen, sondern auf Wandel durch Handel gesetzt, so gäbe es gar keine Eskalation.

„Den monströsen Krieg von 1980 bis 1988 gegen Iraks Diktator Saddam Hussein“ hatte nicht der Iran begonnen. Nein: ermuntert durch die USA, hat der Irak den Iran angegriffen. „Das ganze Land ist voller Friedhöfe . . .“ – das geht auf das Konto der USA: sie haben den Irak massiv mit Waffen ausgestattet – und gleichzeitig („Iran-Contra-Affäre“ 1985/86 Reagan) den Erzfeind Iran. In den USA wurde doppelt verdient und im Iran und Irak doppelt gestorben.

Wie fast alle Kommentatoren bleibt Herr Gehlen einseitig: Die Menschenrechtslage in Iran und Syrien ist katastrophal – in Saudi-Arabien und Ägypten nicht besser. Der Unterschied? Die Menschenrechtsverbrecher in den letztgenannten Staaten sind westlich orientiert – sie sind „unsere Verbrecher“. Nach Ägypten fliegen viele in Urlaub. Mit Saudi-Arabien haben die USA seit 1945 einen Deal „Öl gegen Waffen“. Dieses Land kann sich alles leisten: die Taliban in Afghanistan und den Islamischen Staat in Syrien und Irak finanzieren, die schlimmste Form des Islam, den Wahhabismus, in alle Welt exportieren, im Jemen die größte humanitären Katastrophe der Gegenwart verursachen – westliche Waffenlieferungen hat das nicht in Frage gestellt. „Nichts ist gut in Afghanistan“, Irak, Syrien. Humanitäre Motive waren bei allen US-Kriegen im Nahen Osten nur vorgeschoben. Sie brachten unermessliches Leid, Flüchtlingsströme (nicht in die USA) und „failed states“.

Trump will nur vom Impeachment ablenken. Aber sollten sich die USA zu einem militärischen Einsatz gegen den Iran entscheiden, könnten sie ein zweites Vietnam erleben. Dies wäre kein NATO-Bündnisfall. Im Kriegsfall keine Kriegshandlungen von amerikanischen Kasernen auf deutschem Boden! Die Europäer sollten ihre weltpolitische Stellung überdenken. Und mit guten Handelsbeziehungen hätten sich die versöhnungswilligen Kräfte im Iran langfristig durchgesetzt. Das geht auch ohne die USA.

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