Leserbriefe

Dialekt sprechen – auch in der Politik

Gunther Keller, Wendlingen. Zum Artikel „Auf gut Schwäbisch“ vom 11. Februar. Ich bin häufiger Leser dieser Rubrik, weil sie oft erheiternd ist und, wie ich glaube, zur Erhaltung unseres schwäbischen Dialekts beiträgt. Der Dialekt hilft dabei, regionale Identität der Sprechenden und eine Verbindung zu ihrer Heimat zu schaffen. Anders als bei zunehmend medial und schriftlich erfolgter Kommunikation, die den „Sprecher“ distanziert, sodass dieser oft genug auch jegliche Hemmung vermissen lässt (Beispiel: rechtspopulistische Chats und Hasskommentare), lebt der Dialekt von der Unmittelbarkeit der Kommunikation, von der Nähe der Sprecher zueinander.

Solche und andere Erkenntnisse hat mir ein jüngst online verfolgtes Gespräch mit Johannes Kretschmann, Sprachwissenschaftler und ehrenamtlicher Berater der Landesregierung, in Belangen des Dialekts mit Andreas Schwarz (MdL) verschafft. Unter dem Motto „Wir können alles. Auch Hochdeutsch. Erfolgreich trotz oder wegen des Dialekts?“ wurde Bekanntes und Neues zum Thema Sprache und der Rolle des Dialekts in Politik und Wirtschaft zusammengetragen, etwa dass auch in Chefetagen oder Kundengesprächen neben dem Hochdeutschen situationsabhängig auch das Schwäbische verwendet wird, schafft es doch Nähe und Vertrauen und ist Ausdruck gesunden Selbstbewusstseins, was eben nicht nur für Bayern (Motto: Laptop und Lederhose), so Kretschmann, gelten sollte.

Er plädierte klar für die Erhaltung des Dialekts, der anders als im Schwäbischen, in manchen Regionen, weil diskriminiert, nahezu verschwunden sei. Der Gebrauch des Dialekts stehe bei aller wichtigen Innovation, für die die erfolgreiche schwäbische Wirtschaft beispielhaft sei, eben auch für das Festhalten an Bewährtem, für die Balance zwischen Innovation und Tradition (hier nannte er das System der dualen Ausbildung oder den Meisterbrief). Dass diese Überlegungen nicht nur im wissenschaftlich abgehobenen Raum stattfanden, zeigte die rege Beteiligung der online Zuhörenden. Auch in der Politik und Wirtschaft sich nicht seiner Wurzeln zu schämen, sprachliche Vielfalt zuzulassen und nicht zu diskriminieren, ist das Gebot der Stunde.

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