Leserbriefe

Der Rat kann nicht alle Wünsche erfüllen

Peter Lohse, Nürtingen, Stadtrat NT14. Zum Artikel „Das ist ein Schildbürgerstreich ersten Grades“ vom 11. April. Die Enttäuschung des Werberinges über die Verschiebung des zweiten Bauabschnitts der Fußgängerzone kann ich aus seiner Sicht gut nachvollziehen. In Nürtingen gibt es viel Interessengruppen, die ihrem Interesse hohe Priorität einräumen und ihre Vorstellungen gern schnell und gut umgesetzt haben möchten. Sei es eine Dreifeld-Sporthalle mit 600 Besucherplätzen, eine Mensa und digitale Räume für Schulen, ein Bildungszentrum, die Grüne Stadt am Fluss, die dringende Sanierung bei den Straßen und bei den Schulgebäuden, eine Landesgartenschau und, und, und.

Der Stadt Nürtingen steht ein begrenztes Budget zur Verfügung, um diese Bedürfnisse umzusetzen. Die Einnahmeseite speist sich im Wesentlichen aus direkten oder weitergeleiteten Steuergeldern und aus Gebühren. Seit Jahren sprudeln die Steuereinnahmen. So müsste man annehmen, dass genügend Mittel zur Verfügung stehen. Dies ist jedoch nicht so, da Verwaltungs-Aufwand und -Tätigkeiten in gleichem oder sogar in höherem Maße steigen. Der Ruf nach Steuer- und Gebührenerhöhungen ist nur bedingt hilfreich und wenig populär. Einsparmaßnahmen sind aus unserer Sicht nur möglich, wenn wir die gesamten Verwaltungstätigkeiten und -aufgaben dahingehend untersuchen, inwieweit im System eine Ausgabenreduzierung erfolgen kann. Nur ein ausgeglichener laufender Haushalt ermöglicht, auch angemessen Schulden machen zu können, ohne dass wir auf Kosten der nachfolgenden Generationen, sprich unserer Kinder und Kindeskinder, leben.

Dieses Verständnis und das daraus resultierende Handeln findet in der Regel beim Bürger schon statt. Je abstrakter jedoch das System mit seinem Überbau ist, umso weniger Verantwortung/Haltung spürt man im Handeln. Auch der Bürger verliert sich hier oftmals. Hätten wir bei der Haushaltsverabschiedung alle Interessen, Wünsche und Notwendigkeiten aufgenommen, wären wir bis 2021 bei einem Schuldenberg von 53 Millionen gelandet. Das Regierungspräsidium hätte dem niemals stattgegeben und den Haushaltsentwurf zurückgewiesen.

Es kann auch nicht zielführend sein, wie dies bei einigen anderen Kommunen schon der Fall ist, dass wir zukünftig vom Land gesteuert werden, weil wir unseren Haushalt nicht in den Griff bekommen. Die Kommune ist ein komplexes System und wir müssen deshalb die Dinge ganzheitlich sehen und bewerten. Dies gelingt uns nur durch ein transparentes Verfahren, indem wir die Bürger mit ihrem vielfältigen Fachwissen verbindlich einbinden. Dies geht zum Beispiel mit einer Kandidatur bei der nächsten Gemeinderatswahl.

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