Leserbriefe

Corona und das Steuersystem

Ralf Niebauer, Neckartailfingen. Zum Kommentar „Steuerchance“ vom 11. September. Angesichts der in und durch die Coronakrise gesunkenen Steuereinnahmen meint der Kommentator, dass unser Abgabensystem jetzt auf den Prüfstand muss. Eine Begründung oder gar ein Reformvorschlag wird allerdings nicht geliefert. Somit erschließt sich mir der Zusammenhang zwischen Corona und einer Reform des Steuersystems nicht. Alles andere als ein Rückgang der Steuereinnahmen in der Coronazeit wäre befremdlich. Die Umsatz-, Lohn- und Einkommensteuer machen rund zwei Drittel des gesamten Steueraufkommens aus. Wenn nun in der Krise Umsätze wegfallen und massenhaft Kurzarbeit herrscht, muss doch zwangsweise das Steueraufkommen sinken. Da wäre es doch viel bedenklicher, wenn dem nicht so wäre. Es spricht daher eher für unser Abgabensystem, das einfach nicht so schlecht und ungerecht ist, wie es viele gerne hätten.

Wenn man Einkommen und Konsum als Ausdruck der Leistungsfähigkeit und Anknüpfungspunkt für die Besteuerung sieht, ist es logisch, dass bei Rückgang derselben auch das Steueraufkommen sinkt. Auf der anderen Seite gibt es ja zum Glück noch genügend Steuerpflichtige, die arbeiten und mit ihren Steuern und Abgaben die mehr oder weniger sinnvollen Wohltaten des Staates finanzieren. Wenn in so einer Krisenzeit das Steueraufkommen gleich bleiben würde, dann würde etwas falsch laufen.

Man kann natürlich für ein Steuersystem sein, das völlig unabhängig von konjunkturellen Höhen und Tiefen ist. Das würde aber meiner Ansicht nach nur mit einer Kopfsteuer funktionieren, bei der jeder Bürger vom Säugling bis zum Greis einen gleichen Betrag an den Staat abführt, den dieser zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben braucht. Die Steuer ist nicht konjunkturabhängig, aber sehr wahrscheinlich nicht mehrheitsfähig, weil sie vermutlich nicht mit unserem Gerechtigkeitsempfinden in Einklang zu bringen ist.

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