Leserbriefe

Beziehungen und Mord

Peter Reinhardt, Neckartenzlingen. In der Zeitung lese ich gerade, dass im statistischen Durchschnitt in Deutschland pro Woche etwa drei Frauen von ihrem Partner umgebracht werden. Eine erschreckende Zahl – ich nehme mal an, dass die Zahlen einigermaßen stimmen. Was sagen wir dazu? Unglaublich schrecklich! Kaum vorstellbar. Merkwürdig erscheint mir nur, dass diese Übeltaten in den Medien, in der Öffentlichkeit, wenig zur Kenntnis genommen werden – das scheint als „normal“ zu gelten. Fast nicht vorstellbar. Merkwürdig ist angesichts dieser Zahlen allerdings nicht nur die ziemlich gleichgültige Nichtzurkenntnisnahme dieser vielen Schrecklichkeiten, sondern vor allem, dass andere, einzelne gezielt ausgewählte Morde bundesweit für heftigste Empörung sorgen: nämlich dann, wenn der Mörder ein Asylsuchender ist. Dann steht die Republik schier kopf und geilt sich auf in Angst, Ablehnung und Hass gegen die furchtbare Gefahr, die mit den Flüchtlingen auf ganz Deutschland zugekommen ist.

Wenn deutsche Männer deutschen Frauen Schreckliches antun, das interessiert scheint’s bestenfalls lokal. Wird hier nicht auf unredliche Weise mit einem einzelnen schrecklichen Mord vor allem Propaganda getrieben? Alle diese Morde sind grässlich, ja verabscheuungswürdig; aber während die größere Zahl scheint’s als kaum bemerkenswert gilt – wird der eine Mord in den Vordergrund des allgemeinen Bewusstseins gezerrt und so heftig wie irgend möglich skandalisiert.

Das ist eine üble Methode. Was soll das? Offensichtlich gibt es Menschen, die wollen, koste es, was es wolle, Ablehnung, ja Angst und Hass säen – zum eigenen Vorteil, versteht sich. Und sie haben dabei durchaus Erfolg. Ganz besonders bei einer aufstrebenden Partei, die ja fast ausschließlich von solchen Aufregungen lebt. Ein Erfolgsrezept. Toll, wie weit sie damit kommen. Merkwürdig? Oder skandalös? Aber vielleicht beruhigt der Gedanke ein wenig, wenn man sich klarmacht, dass statistisch gesehen die Gefahr, vom eigenen Ehepartner ermordet zu werden, deutlich höher ist als die Gefahr, von einem Asylanten umgebracht zu werden. Ist doch beruhigend, wer traut schon seinem eigenen Ehepartner einen Mord zu? Oder?

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