Leserbriefe

Bäume am Aileswasen wurden radikal geköpft

Gero Holl, Großbettlingen. Zum Leserbrief „Wird ein Tal einfach ausrasiert“ vom 31. März. Der Leserbrief ermunterte mich zu den folgenden Zeilen: Seit Jahren war der Aileswasensee Neckartailfingens ein Kleinod der Natur. Mit seinem alten Baumbestand ein wunderbarer Ort der Erholung. Einfach eine Idylle. Vor wenigen Wochen jedoch vollendete hier ein „Künstler“ sein Werk: Über 90 Prozent der Bäume wurden mit einem grellroten Farbstreifen und geheimnisvollen Kürzeln von „K1“ bis „K12“ verziert. Heute kennt man die Lösung: Das „K“ stand für Köpfen! Die Ziffer für die Höhe in Metern, in welcher diese stattlichen Weiden und andere Seebegleiter radikal abgesägt wurden. Nicht altersschwach und morsch, nein, kerngesund waren die Bäume. Der Stammschnitt zeigt es. Und – die sicher ungiftige Farbe wird noch lange halten, bis sie endlich im See die Karpfen und Schleien an den menschlichen „Grafitti“ teilhaben lässt. Wie roh und kaltherzig muss der Befehlsgeber für diesen Baum- und Landschaftsfrevel sein?

Ein großartiges Beispiel menschlicher „Gestaltungskunst“ und Vergewaltigung der Natur! Könnten Bäume weinen, der See würde vor Tränen überlaufen. Und bis heute kein Aufschrei der Natur- oder Landschaftsschutzbehörde! Sonderbar, da doch jeder Baum die Ökobilanz verbessert: als CO2-Fresser und Sauerstofflieferant! Das Prädikat „Landschaftsgeschützt“ wäre hier wirklich angebracht! Ist es die Profitgier, die der Holzverkauf befriedigt? Ist es der nun geringere Laubeintrag in den See, auf dessen Grund die Sauerstoffzehrung bei der Zersetzung des Blattwerks vermindert ist – was die Fische und letztlich auch die Angler freut? Ist es der Sonnenhunger, damit ja jedes Hautfleckchen vom so „gesunden“ UV-Licht erreicht wird?

Vielleicht ist es aber einfach das in unserer Gesellschaft überstrapazierte Sicherheitsbedürfnis? Denn, unter einem Baum kann man bei Sturm, Blitz und Donner ja erschlagen werden! Wer dieses Risiko eingeht, hat einst im Physikunterricht nicht aufgepasst. Und wenn schon, dann muss eben der Baum weg, dann kann das nicht passieren! Welch paradoxe Denke! Begehen des Aileswasengebietes „Auf eigene Gefahr“! Dann ist die zuständige Behörde doch aus dem Schneider, oder? Den immer wieder feiernden Vandalen wird es sowieso egal sein. Naturschutz stellt für diese Menschen ein Reizwort dar und fordert zum Versauen und Zerstören auf, auch am Aileswasen. Doch alles halb so schlimm. Natürlich schlagen geköpfte Weiden an den Schnittwunden wieder aus. Nach wenigen Jahren wird der Aileswasensee deshalb von „Rasierpinsel“-Bäumen geschmückt sein: Jeder Stumpf trägt zig lange Ruten! Auch so kann man Landschaft „gestalten“! Nur, dass hier kein Specht, keine Hohltaube, geschweige denn ein Pirol in solch krüppelhaften Besenbäumen eine Wohnstätte finden wird. Aber, vielleicht fühlt sich der Mensch im digitalen Zeitalter auch in einer „Rasierpinselbaumlandschaft“ wohl, denn sein Augenmerk gilt ja schließlich seinem I-Phone auch beim Rundgang um den Aileswasen-See. Nachdenkenswert, oder?

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