Leserbriefe

Asylverfahren und die andere Baustelle

Gerhard Härer, Aichtal-Neuenhaus. Zum Leitartikel „Ausländer rein“ vom 29. November. Zu der Unterzeile „Die Grünen fallen beim Thema Asyl auf rechte Parolen herein“ möchte ich einige Zeilen als Grüner aus dem Wahlkreis von Ministerpräsident Kretschmann schreiben. Der Stil des Autors ist seltsam und bereits von der Vorwahlzeit geprägt. Immer öfter wird in dieser Zeitung über die Landesregierung hergezogen. Der deutsche Sozialstaat ist nicht pleite, wie hier versucht wird zu vermitteln. Eine neue Studie zeigt doch, dass gerade Migranten unsere Sozialkassen auch auffüllen. Oder ein paar Millionen der Fehlinvestitionen im Verteidigungsministerium zum Beispiel würden da schon helfen. Und Kretschmann bettelt nicht in Berlin, sondern tut seine Pflicht als Ministerpräsident, so wie dies auch andere Länder tun. Dass er dabei geschickt, auch mit Kompromissen, verhandelt und Erfolg hat – was ist daran schlecht?

„Das Boot ist nie voll!“ Ja, das sagt Winfried Kretschmann zu Recht, weil der Anspruch auf Asyl ohne Begrenzung nach oben erst mal für alle verfolgten Menschen gilt und diese Anrecht haben auf einen Asylantrag. Dass dies für Armutsflüchtlinge anders anzugehen ist, sagt er aber auch. Vielleicht sollten Journalisten sich mal direkt die Thematik erklären lassen in einem Interview mit Kretschmann. So jedenfalls ist das schon fast gefährlich, was da verbreitet wird. In den 70er-Jahren gab es in Deutschland Wanderbewegungen von Norddeutschland in den Süden, weil es hier Arbeit gab. Wer würde nicht aus einem armen Land ohne genügend Ernährung, medizinische Versorgung, mit schlechten bis gar keinen Wohnbedingungen und ohne Arbeit nicht in eine „reichere“ Gegend ziehen wollen? Ein nur allzu menschliches Verlangen. Klar ist aber: rein rechtlich ist dazu das Asylverfahren nicht geeignet, das ist aber eine andere Baustelle, an die unsere Politik nicht echt herangeht, sondern immer nur darüber labert.

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