Leserbriefe

Abstand halten und Rücksicht nehmen

Erika Dionisius, Neuffen. Zum Artikel „Trauerfeier als Ansteckungsherd“ vom 29. Juli. Es war erfreulich, dass die strengen Auflagen bei Trauerfeiern endlich gelockert wurden. Leider erlebe ich immer wieder, dass Trauergäste auf die Hinterbliebenen zugehen, ihnen die Hand schütteln oder sie gar umarmen, als ob Corona gar nicht existiert. Manche fragen zwar vorher, aber wer würde den Mut aufbringen, in dieser Situation einen Händedruck oder eine Umarmung abzulehnen? Niemand möchte einen Trauergast vor den Kopf stoßen. Die Angehörigen sind diesem Unverstand völlig hilflos ausgesetzt.

Ich war über 17 Jahre lang in der Esslinger Hospizarbeit tätig, arbeite seit mehr als sechs Jahren als Freie Trauerrednerin und es ist mir völlig klar und sehr verständlich, wie gerne man einen Trauernden in den Arm nehmen möchte, ihn trösten möchte. Aber in dieser Zeit heißt es einfach, Rücksicht auf die Hinterbliebenen zu nehmen.

Es gibt so viele Möglichkeiten, seine Anteilnahme und Verbundenheit auch mit körperlichem Abstand zu bekunden. Vielleicht durch eine Verbeugung vor der Trauerfamilie, eventuell mit einer Hand auf dem Herz, oder der „Buddhistische Segensgruß“, mit den vor der Brust gefalteten Händen. Auch ich als Rednerin muss mich an diese Regeln halten, ehrlich gesagt schweren Herzens. Aber der Schutz der Trauernden ist wichtiger als mein persönliches Gefühl.

Mein Wunsch ist es, durch Einhaltung der vorgeschriebenen Regeln in dieser schwierigen Zeit die Lockerungen aufrechtzuerhalten, damit nicht wieder nur fünf Personen am Grab stehen dürfen. Mein Appell an alle Trauergäste ist der: „Bitte nehmen Sie Rücksicht, Sie schützen nicht nur andere, sondern auch sich selbst.“

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass es mir völlig schleierhaft ist, warum noch immer viele Trauerhallen nicht benutzt werden dürfen, während es andernorts möglich ist.

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