Kultur

Buchclubs boomen - Lesen als Gemeinschaftsgefühl

Jannik Schümann und Kara Wolf präsentieren ihren Buchclub «Zwischen Kotti und Kapiteln» als Podcast. Arne Grugel/-/dpa
Leseclubs werden immer beliebter - analog und digital. (Symbolbild) Robert Michael/dpa
Schauspieler Jannik Schümann liest nicht nur gerne Drehbücher. (Archivbild) Christoph Soeder/dpa
Lesen dient vielen im digitalen Zeitalter auch zur Entschleunigung. (Symbolbild) Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Jannik Schümann hat in seiner Karriere schon eine Menge Drehbücher gelesen. Der Schauspieler ist durch viele Kinofilme («Die Mitte der Welt», «Dem Horizont so nah») und Serien («Sisi», «Charité») bekannt. Auch privat kann der 33-Jährige nicht ohne Bücher. Jetzt hat er zusammen mit seiner engen Freundin Kara Wolf einen Buchclub gestartet - in Form des Podcasts «Zwischen Kotti und Kapiteln».

«Wenn ich ins Kino gehe, kann ich mit den anderen im Anschluss stundenlang über einen Film reden. Aber ein Buch liest man für sich selbst. Danach stelle ich es ins Bücherregal und ziehe das nächste raus. Mir fehlt dabei einfach der Austausch», sagte der in Berlin lebende Schümann der dpa. Dies war seine Motivation, einen Buchclub zu starten. «Ich freue mich einfach, das Lesen nicht mehr als isoliertes Hobby wahrzunehmen, sondern als Gemeinschaftsgefühl.»

Jeden zweiten Dienstag veröffentlicht das Lese-Duo ab jetzt eine neue Folge. Neben Gesprächen mit Gästinnen und Gästen besprechen die beiden jeden Monat ein neues Buch, das vorher von der Hörerschaft festgelegt wird. Per Sprachnachricht kann die Community ihre Meinung äußern. Den Anfang macht der Roman «Blue Sisters» von Coco Mellors.

Dass Prominente einen Buchclub gründen, ist zumindest in anderen Ländern nicht neu. Star-Moderatorin Oprah Winfrey startete ihren bereits in den 1990ern in ihrer US-Talkshow. Auch dadurch schaffte es die englische Version von Bernhard Schlinks «Der Vorleser» 1999 auf Platz eins der Bestsellerliste der «New York Times».

In «Reese's Book Club» stellt Schauspielerin Reese Witherspoon («Natürlich blond») seit 2017 Bücher vor, in denen vor allem Frauen im Mittelpunkt stehen. Der Club gilt als Sprungbrett für Autorinnen und Autoren, deren Romane Witherspoon mit ihrer eigenen Produktionsfirma teilweise verfilmt oder als Serie herausbringt, wie «Big Little Lies».

Auch «Fifty Shades of Grey»-Star Dakota Johnson, Popsängerin Dua Lipa und Cindy Crawfords Tochter Kaia Gerber geben ihren Fans regelmäßig Literatur-Tipps. 

Schümann will diese Tradition nun auch nach Deutschland holen. Neu ist die Idee allerdings nicht. Zum Beispiel besprechen Christine Westermann und Mona Ameziane im WDR-Podcast «Zwei Seiten» seit zwei Jahren Bücher zu speziellen Themen wie Nacht, Geschwister oder Schmerz.

«Buchclubs haben in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen, befördert durch die digitalen Kanäle», erklärt Thomas Koch vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. «Waren es früher die klassischen Lesekreise vor Ort, sprechen sie heute als digitale Formate, Community-Plattformen und Podcasts eine breite Masse an Interessierten an.»

In «Silent Book Clubs» treffen sich Bücherfans eine Stunde lang zum stillen Lesen. Danach können sie, wenn sie möchten, über das Gelesene sprechen. Das Konzept, das 2012 von zwei Frauen in einer Weinbar in San Francisco entwickelt wurde, gibt es laut Homepage mittlerweile in rund 60 Ländern. 

Auch die Jugend hat das Lesen entdeckt, wie die Studie «Bock auf Buch» aus dem vergangenen Jahr zeigt. Die Ausgaben für die Zielgruppe bis 19 Jahren stiegen demnach zwischen 2019 und 2023 um insgesamt 32 Prozent. Darin enthalten sind von jungen Menschen selbst gekaufte Bücher sowie Geschenke.

Buch-Influencer auf Tiktok haben mittlerweile einen großen Einfluss in der Branche. Sie beeinflussen mit, welche Bücher bei jungen Menschen beliebt werden und sogar welche Ideen letztlich umgesetzt werden. Über 63 Millionen Einträge gibt es auf der besonders bei Jugendlichen beliebten Plattform unter dem Hashtag «BookTok».

«Die anhaltende Leselust junger Menschen, getrieben durch Genres wie New/Young Adult und Romance, stellt eine große Chance für Verlage und Buchhandlungen dar», sagt Koch. Sie könnten sich in der Ansprache, Programm- und Sortimentsplanung auf die junge Zielgruppe einstellen. «Viele Verlage bieten auch aufwendig gestaltete Ausgaben, etwa mit Farbschnitt an, die bei jungen Menschen beliebt sind.»

Das Projekt «Kultur Vivante» hat den Trend erkannt und veranstaltet monatlich einen digitalen Buchclub für junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren. Auf dem Leseplan stehen historische Romane wie «Die Bücherdiebin», Jugendbücher wie «Simpel» oder Literatur-Klassiker wie «Im Westen nichts Neues».

© dpa-infocom, dpa:250825-930-952091/1

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