Fast 270.000 Menschen sind im vergangenen Jahr als besonders langjährig Versicherte früher ohne Abschläge in Rente gegangen. Insgesamt haben 2024 rund 937.000 Versicherte erstmals eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, wie der Co-Vorstandschef der Deutschen Rentenversicherung Bund, Jens Dirk Wohlfeil, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte.
Die Altersgrenze der Rente für besonders langjährig Versicherte nach 45 Versicherungsjahren steigt in Stufen. Sie lag 2024 bei 64 Jahren und 4 Monaten für 1960 Geborene. Nach ihrer Einführung 2024 war die Rentenart als «Rente mit 63» bekanntgeworden. Vor allem wegen der Kosten ist sie umstritten. Besonders die SPD hatte sich stets für einen Erhalt dieser Rente starkgemacht.
Mitte Juni hatte das arbeitgeberfreundliche Institut der deutschen Wirtschaft (IW) mit einer Studie Alarm geschlagen, nach der fast jeder zweite Babyboomer im Rentenalter bisher generell vorzeitig in Rente gegangen ist. Bezogen auf alle Angehörigen des jeweiligen Geburtsjahrgangs ist das ein Anteil von 44 Prozent, bezogen auf die Neurentnerinnen und -rentner mehr als 55 Prozent.
Die derzeit beginnende Übertrittswelle von geburtenstarken Babyboomer-Jahrgängen ins Rentenalter ist der Hauptgrund, weshalb die Rente von der Politik als akute Herausforderung gesehen wird. Wenn die Rente wie geplant stabil gehalten werden soll, droht der Finanzbedarf deutlich zu steigen – je stärker, desto mehr Menschen früher als regulär aus dem Arbeitsleben ausscheiden.
2023 hatten rund 279.000 Versicherte erstmals eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erhalten.
Vergangenes Jahr wurden rund 18,9 Millionen Altersrenten gezahlt, wie Wohlfeil sagte. «Dies ist ein neuer Höchststand.» Die Rentenversicherung gab demnach 286 Milliarden Euro dafür aus.
Wohl auch an die Adresse der schwarz-roten Koalition sagte Wohlfeil: «Diese Summe verdeutlicht die Bedeutung einer soliden, verlässlichen und generationengerechten Finanzierung der Rentenversicherung.» Union und SPD wollen in den nächsten Wochen unter anderem eine künftige Absicherung des Rentenniveaus für die kommenden Jahre auf den Weg bringen. Dann soll sich eine neuerliche Rentenkommission Gedanken über die Zukunft machen.
Von der Rentenkasse bekommen die Verantwortlichen schon einmal eine Mahnung auf den Weg: «Hierbei darf die Politik die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler nicht aus den Augen verlieren, auch um die Akzeptanz des gesamten Systems nicht zu gefährden», sagte Wohlfeil. Laut Rentenversicherungsbericht 2024 drohen die Rentenbeiträge ohne neue Gesetze bis 2038 von heute 18,6 auf 21,4 Prozent zu steigen.
Am häufigsten bewilligt wurde im vergangenen Jahr die Regelaltersrente. Diese erhielten erstmals rund 378.000 Versicherte. Hier galt vergangenes Jahr eine Altersgrenze von 66 Jahren für 1958 Geborene. Laut Gesetz steigt die Altersgrenze stufenweise auf 67.
269.000 Versicherte bekamen neu eine Rente für besonders langjährig Versicherte ohne Abschläge. Eine Altersrente für langjährig Versicherte mit Abschlägen bezogen 225.000 Versicherte neu. Hier ist 35-jährige Versicherungszeit Voraussetzung.
Bei 28 Prozent aller neu beginnenden Altersrenten gab es vergangenes Jahr Abschläge. Sie gelten für den gesamten Bezug der Rente. Im Schnitt starteten die Betroffenen 32 Monate vor Erreichen der Regelaltersgrenze in die Rente. Die Abschläge betragen 0,3 Prozent für jeden Monat, um den der Rentenbeginn vorgezogen wird.
Wohlfeil äußerte sich zu einer geplanten Sitzung der Vertreterversammlung der Rentenversicherung am Montag in Münster. Im Vorstand des Selbstverwaltungsgremiums vertritt er die Arbeitgeberseite und ist im Hauptamt Tarifexperte beim Arbeitgeberverband Gesamtmetall.
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