Weihnachtsgrüße

Salz und Licht in der Zeit der Hoffnungslosigkeit

Miriam Weller im spanischen Benicarló unterstützt und ermutigt Menschen – nicht nur zur Weihnachtszeit

Nachdem ich dieses Jahr mein Abitur gemacht habe, war es für mich an der Zeit, meinen Horizont zu erweitern.

Dabei war es schon lange mein Wunsch, einmal einige Zeit im Ausland zu leben. Nach einigem Überlegen beschloss ich, dass mein Ziel Spanien sein sollte – wo ich seit Ende September lebe.

In der Provinz Castellón zwischen Barcelona und Valencia liegt die 26 000-Einwohner-Stadt Benicarló, in deren Zentrum ich mit drei weiteren deutschen Freiwilligen wohne.

Hier machen wir einen „impact“-Einsatz der Liebenzeller Mission und unterstützen eine evangelische Gemeinde, die vor etwa vier Jahren gegründet wurde. Die ersten Wochen meines Aufenthaltes in Spanien dienten dem Kennenlernen des Landes, der Menschen und vor allem der Kultur. Spanien war mir bisher hauptsächlich als Urlaubsland bekannt – und da es in Europa liegt, rechnete ich nicht mit großen kulturellen Unterschieden.

Die drei Monate hier haben mir gezeigt: Spain is different.

Es ist zum Beispiel interessant zu sehen, worauf die Spanier Wert legen. Während für uns Deutsche das Auto zum Beispiel ein „Heilig’s Blechle“ ist, ist für die Spanier das Auto ein Gebrauchsgegenstand, der eben unter anderem dazu benutzt wird, um sich in Parklücken Platz zu verschaffen.

Soziale Kontakte haben dafür einen viel höheren Stellenwert. Das bezieht sich sowohl auf Facebook (ich habe noch keinen Spanier getroffen, der keinen Facebook-Account hat) als auch auf das Treffen mit Freunden: Die Spanier haben unendlich viel Zeit, um mit Bekannten einen Kaffee trinken zu gehen und den Tag gemütlich zu verbringen.

Als Deutsche hatten wir anfangs einige Eingewöhnungsprobleme: Während der Siesta zwischen 13.30 Uhr und 17 Uhr steht das Leben hier still, die Läden haben geschlossen und es halten sich kaum Menschen auf der Straße auf. Daran gewöhnt man sich aber schnell und es tut gut, das stressige Leben in Deutschland hinter sich zu lassen und sich der spanischen Kultur anzupassen.

Neben vielen kulturellen Unterschieden macht sich vor allem eines bemerkbar: die Krise. Für mich ist es wahnsinnig einprägend zu sehen, wie viele Menschen arbeitslos werden, ihre Miete nicht mehr bezahlen können und auf der Straße landen. Es ist schockierend zu sehen, dass viele ihr Hab und Gut verkaufen müssen und – im besten Fall – nur zwei Jahre lang Unterstützung vom Staat bekommen.

Die wenigsten der Jugendlichen, die ich hier kenne, haben die Schule beendet und schauen ohne Perspektive in ihre Zukunft. Vor allem die Jungs suchen Zuflucht in Drogen und Alkohol und haben kein Gefühl für einen normalen Tagesablauf. Wenigstens haben einige Menschen während der Mandarinen- und Orangenernte, die bis März andauert, Arbeit gefunden. Wenn man aber berücksichtigt, dass ein Arbeiter für 19 Kilo geerntete Mandarinen etwa einen Euro Lohn bekommt, reicht das lange nicht zum Leben aus. Ich persönlich lerne hier die Perspektiven und Privilegien, die wir in Deutschland haben, immer wieder neu zu schätzen.

Gerade in dieser schweren Zeit Spaniens wollen wir den Menschen vermitteln, was es heißt, Salz und Licht in der Zeit der Hoffnungslosigkeit zu sein. Wir wollen sie unterstützen, ihnen Hoffnung schenken und sie immer wieder ermutigen, nicht aufzugeben. Für sie sind wir schon allein dadurch ein Zeugnis, dass wir so jung unsere Eltern verlassen haben, um für sie hier vor Ort da zu sein. Wir versuchen immer wieder, einen neuen Zugang zu den Menschen zu finden: So veranstalten wir unter anderem Kindernachmittage, Tischtennisturniere, laden sie zum Plätzchenbacken ein und engagieren uns in verschiedenen Kursen und Angeboten der Stadt. Langfristig wünschen wir uns, bei den Leuten den Eindruck zu hinterlassen, dass es sich lohnt, mit Gott durch die Krise zu gehen und ihm zu vertrauen, dass er immer wieder neue Türen öffnet.

In diesem Sinne wünsche ich euch gesegnete Weihnachten und grüße meine Familie, meine Freunde und meine Gemeinde.

Dios os bendiga.

Eure

Miriam Weller

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